Nein, sie ging nicht ins nächste Reisebüro. Sie ging auch nicht nach Hause, um dort an ihrer Matratze herumzufummeln. Sie ging zur Polizei.

Die Menschen sind ja so asozial! Raffen an sich, was sie irgendwie erwischen. Sacken es gnadenlos ein. Pfeifen auf alle und alles…

Meldungen, die dem soeben angedeuteten Menschenbild zuwiderlaufen, erfreuen sich zurecht einer gewissen Beliebtheit. In Dessau zum Beispiel hat vorige Woche eine 26-jährige Frau 800 Euro an einem Bankautomaten gefunden. Und was tat sie? Nein, sie ging nicht ins nächste Reisebüro. Sie ging auch nicht nach Hause, um dort an ihrer Matratze bzw. einer lockeren Bodendiele herumzufummeln. Sie ging zur Polizei. Später fand sich die 74-jährige Frau, die das Geld hatte liegen lassen. Happy End. Juhu!

Die Knackfrage aber ist natürlich: Hätte ich mich ebenso verhalten? Auch interessant ist diese Frage: Wie bedankt man sich in so einem Fall? Ich glaube, ich hätte mit Blick auf den Fundort zu Ehren der Finderin den „Dessauer Marsch“ abgespielt. Wie, den kennen Sie nicht? Nun, Robert Gernhardt schrieb zwar „Ich mach mir nichts aus Marschmusik, / ich mach mir nichts aus Schach. / Die Marschmusik macht mir zuviel, / das Schach zu wenig Krach“. Doch in Wahrheit ist natürlich sowohl das Trompetensolo im „Dessauer“ als auch die Stille beim Schach gar nicht hoch genug einzuschätzen. Finde ich zumindest. Und bekenne es jetzt hier mal ganz ehrlich. Denn so wollen wir ja alle sein. Wie diese Frau. Aus Dessau. Genau. Howgh!