„Die Schwulen- und Lesbenbewegung hat sich einst zurecht gegen rigide Geschlechterrollen aufgelehnt.“

Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass ein so banaler Kolumnentitel, der Grundwissen aus dem Biologieunterricht wiedergibt, einmal den Vorwurf der Menschenfeindlichkeit einbringen könnte? Aber wo die Ideologie Blüten treibt, wird bald die Biologie erst geleugnet und dann bekämpft. Vor kurzem erschien in der „Welt“ ein Gastbeitrag mit dem provokanten Titel „Wie ARD und ZDF unsere Kinder indoktrinieren“. Es ging um Beiträge zu Pornografie, Fetische und Transsexualität, die sich an ein sehr junges Publikum richteten. Und um die „Fehlinformation der Vielgeschlechtlichkeit“, also die Überzeugung, dass das biologische Geschlecht nicht binär sei, sondern sich auf einem Spektrum befinde.

Die Folge war ein empörter Aufschrei. Der Springer-Verlag wurde von der queeren Jobmesse „Sticks Stones“ ausgeladen, die der Konzern seit Jahren unterstützt. Sven Lehmann, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, schrieb: „Homo- und Transfeindlichkeit ist keine Meinung – sondern Menschenfeindlichkeit.“ Springer-Chef Mathias Döpfner verteidigte zwar das Recht der Autoren, ihre Meinung zu vertreten, kritisierte den Text aber als „wissenschaftlich bestenfalls grob einseitig“. Auch der Politikwissenschaftler Lehmann unterstellte den naturwissenschaftlich ausgebildeten Autoren „wissenschaftlich nicht fundiert“ zu argumentieren. Ihr Festhalten an der Zweigeschlechtlichkeit sei „quasi-kreationistisch“. Das ist grober Unfug.

Die Schwulen- und Lesbenbewegung hat sich einst zurecht gegen rigide Geschlechterrollen aufgelehnt. Dabei ging es um gesellschaftliche Zuschreibungen, wie echte Männer und Frauen zu sein hätten. Doch mittlerweile trennen viele Trans-Aktivisten nicht mehr zwischen gesellschaftlichem und biologischem Geschlecht und behaupten, beides sei nicht binär. Dabei ist biologisch die Sache klar. In den Worten der Biologin und Nobelpreisträgerin Prof. Christiane Nüsslein-Volhard: „Bei allen höheren Tieren und Pflanzen gibt es zwei Geschlechter.“ Sie produzieren entweder große und unbewegliche Keimzellen (Eizellen) oder viele kleine (Spermien). „Die Produzenten der Eizellen werden weiblich, die der Spermien männlich genannt.“ Es gibt kein Dazwischen. Zwar kommt es vor, dass ein Säugling mit weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmalen geboren wird, aber echten Hermaphroditismus gibt es beim Menschen nicht. Auch diese Individuen produzieren, sofern sie fruchtbar sind, entweder Eizellen oder Spermien und erfüllen damit die biologische Definition von weiblich oder männlich. Das heißt nicht, dass gesellschaftliche Geschlechter ebenfalls binär sind.

Allerdings stellt sich die Frage, ob es ein Fortschritt ist, wenn man femininen Jungs, die sich zu anderen Jungs hingezogen fühlen, suggeriert, sie seien eigentlich Mädchen und könnten das auch werden. Statt sie darin zu bestärken, dass Männer auch Männer lieben und feminine Eigenschaften haben können.