Nur, was ist ein „Mispelchen“?

Wer ruft Traditionen ins Leben? Das ist eine dieser Fragen, bei deren Beantwortung Weltanschauungen aufeinander treffen. Eine Freundin erzählte mir, dass ihr Schwiegersohn sie unbedingt zu einem „Mispelchen“ einladen wollte. Das sei in seiner Frankfurter Heimat eine Tradition. Eine Tradition, die schmeckt, wie sich offenbarte. Nur, was ist ein „Mispelchen“?

Frankfurt und die Region drum herum ist bekannt für seinen Apfelwein. Irgendein Wirt kam dann darauf, dass zum hessischen Apfelwein ganz hervorragend ein französischer Calvados schmeckt, vor allem, wenn im Schnapsglas auch noch ein Äpfelchen dümpelt. Das war vermutlich – es weiß keiner mehr – in den 1960er Jahren. Thematisch wenigstens ist da nichts einzuwenden. Irgendwann gingen wohl die Äpfelchen aus und man behalf sich mit Mispelchen. Die „Echte Mispel“ ist bekannt in Hessen. Die wird allerdings nicht verwendet, sondern die japanische Wollmispel. Möglicherweise schmeckt die mehr nach Apfel. Das war in den 1970er Jahren. Und weil sich nun schon alle daran gewöhnt hatten, war es Tradition geworden. Und wer war’s? Der Geschäftssinn.