„Als die Jungs klein waren, krakeelten sie vor jedem Wannenbad.“

Lassen wir es halt wachsen sagten sich die Jungs, als die Frisöre während des Lockdowns geschlossen waren. Mit den Wochen wucherten sie zu. Der eine, der das Haar noch im Jahr zuvor in Neuseeland szenetypisch und nicht unvorteilhaft zum Zopf gezwirbelt hatte, fand die Matte irgendwann nur noch lästig. Und sich selbst als Surferboy in der Badewanne deplatziert. Der andere ließ sich die Spitzen von einem Kumpel stutzen, der im Kindergarten beim ersten Üben mit der Schere mit Röteln zu Bett gelegen haben muss. Fortan trug er Mütze. Und diese Schelle des Schicksals in angemessener Übellaunigkeit. Dann durften die Frisöre wieder arbeiten. Doch die Zausel blieben wie sie waren: Bezopft und bemützt. Es brauchte eine Weile bis ich darauf kam: Sie mieden den Frisör wegen der Haarwaschpflicht, die das Hygienekonzept vorsah. Denn Haare waschen von anderer Leuts Händen – das ging noch nie. Als die Jungs klein waren, krakeelten sie vor jedem Wannenbad: „Aber mit ohne Haare waschen!“ Wenn sie den Brausekopf schon sahen, bogen sie sich wie Flitzebogen. Selbst von Vaters Händen sanft geschöpftes Wasser oder seichter Sprühregen aus eigens durchlöcherten Joghurtbechern vermochte die Abneigung nicht zu lindern. Nun kamen sie wieder mit Fassonschnitt um die Ecke. Ich muss so verdattert geguckt haben, dass einer sagte: „Die schneiden jetzt auch wieder mit ohne Haare waschen.“