Ich kann gut sitzen und nen Kaffee trinken oder sitzen und ein Eis essen, ich kann sitzen und telefonieren, aber einfach sitzen? Das war neu.

Von einem Urlaub, der nun eine Weile her ist, ist mir eine Situation bis heute deutlich im Gedächtnis geblieben. Die war total unspektakulär, aber trotzdem besonders: Ich saß am Strand auf einer Liege. Punkt. Keine Pointe. Ich saß da, starrte auf die Wellen, schaute den Spaziergängen zu, beobachtete ein paar badende Hartgesottene und saß da einfach, denn ich konnte nicht weg.

Das Hirn sucht ja immer nach Zerstreuung, nach Fokus, immer ist der Drang nach Bewegung und Veränderung da und die Lust auf das nächste Erlebnis. Ich kann gut sitzen und nen Kaffee trinken oder sitzen und ein Eis essen, ich kann sitzen und telefonieren, aber einfach sitzen? Das war neu. Ich las kein Buch, starrte nicht aufs Smartphone, ich saß einfach.

Der Grund, dass ich es schaffte, war die GoPro. Die stand neben mir und machte ein Zeitraffervideo. Ich wollte die Wolken einfangen (aber beschleunigt). Dafür hatte ich eine mechanische Eieruhr dabei, die ich aufzog und die Kamera darauf befestigte. So entstand ein sehr langer, aber gleichmäßiger Schwenk, der im Zeitraffer eben schnell abgespielt echt gut aussah. Nachdem der erste 30-Minuten-Dreh durch war, machte ich noch einen. Und so war ich eine Stunde an diesen Ort gefesselt, der Wind wehte, die Sonne schien, ich saß da, hörte dem Ticken der Eieruhr zu und passte auf, dass der Wind die Konstruktion nicht umwehte. Und möglicherweise kam ich in diesem Moment so sehr runter, wie den ganzen Urlaub nicht. Der Grund: Ich wollte ein gutes Video machen. Es lebe das Digitale!