Als am 19. April 2005 die Sonne gerade orange-rot hinter dem sich schwarz abzeichnenden Oderwald verschwinden wollte, fuhr ich auf der A 36, die damals noch A 395 hieß, meine neuen Sommerreifen ein. Das Autoradio spielte Musik, als plötzlich eine Sondermeldung kam: Das Konklave hat Kardinal Joseph Ratzinger zum 265. Papst gewählt. Am Tag darauf wird die „Bild“ titeln: „Wir sind Papst!“

Bei mir aber klingelte wenige Minuten später das Handy. Eine Freisprechanlage hatte ich damals noch nicht. Also steuerte ich den nächsten Parkplatz bei Flöthe an und rief zurück. Schon hatte ich die Sekretärin der Chefredaktion am Handy: „Ratzinger ist Papst“, rief sie und: „Du musst sofort etwas über den Hornburger Papst Clemens schreiben. Dein Text soll zu den anderen Texten dazu gestellt werden. Überregional.“

Dass ich eigentlich an diesem Tag frei hatte, interessierte nun selbst mich nicht mehr. Was für eine Aufregung. Ein Deutscher wird Nachfolger von Papst Johannes Paul II. Ich fuhr von der Autobahn ab und düste über Heiningen, Dorstadt, Ohrum und Halchter nach Wolfenbüttel in die Redaktion.

Bereits im Januar 2005 hatte ich schon über Papst Clemens II. berichtet und würde es künftig auch noch viel öfter tun, denn damals feierte die Stadt im nördlichen Harzvorland den 1000. Geburtstag ihres großen Sohnes. 1005 war er in Hornburg als Suitger des Mareslewe et Horneburch geboren worden.

Eine Ausstellung im Heimatmuseum sollte an Papst Clemens II. erinnern. Zu den Exponaten zählte eine rot-blonde Locke des Papstes als kostbare Reliquie. Gezeigt wurden aber auch ein Stoffmedaillon vom Papsthandschuh mit dem Lamm Gottes darauf, ein kleiner Reisekelch des Papstes, eine Stulpe seiner Handschuhe und ein Seidenkreuz des Palliums, der Schulterbinde des erzbischöflichen Ordinariats.

Alle Exponate stammten aus dem Grab Papst Clemens II. im Bamberger Dom. Es war im Zweiten Weltkrieg am 3. Juni 1942 geöffnet worden, um den Inhalt des Grabes zu sichern. Bei der Wiederbestattung der Gebeine des Papstes 1947 war entschieden worden, die Grabbeigaben separat zu verwahren.

Um die Schätze aber überhaupt im kleinen Hornburger Heimatmuseum ausstellen zu können, musste in die Sicherheitstechnik investiert werden. Die Ausstellung zog ein Vielfaches an Besuchern als sonst üblich an. Unterdessen backte ein Hornburger Bäcker Clemensbrot und ein Schlachter kreierte die Clemens-Mettwurst, Produkte, die reißenden Absatz fanden. Der damalige Samtgemeindebürgermeister Andreas Memmert, mit dem die Autorin dieses Textes damals weder liiert geschweige denn verheiratet war, schickte ein Paket mit all den Leckereien aus Hornburg an Papst Benedikt XVI, gratulierte zur Papstwahl und lud ihn nach Hornburg zur 1000-Jahr-Feier ein.

Monsignore Gabriel Caccia aus dem Vatikan dankte und bedauerte, „dass die vielfältigen Aufgaben des Heiligen Vaters als Hirte der universalen Kirche einen solchen Besuch leider nicht erlauben werden.“ Dennoch: „Von Herzen erbittet Papst Benedikt XVI. Ihnen, den Mitgliedern des Stadtrates sowie allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Hornburg Gottes beständigen Schutz und reichen Segen.“ So wurde Hornburg die erste deutsche Stadt, die Papst Benedikt XVI. segnete.

75 Jahre Braunschweiger Zeitung

Dieser Text ist Teil unseres großem Themenschwerpunktes zum 75-Jährigen Bestehen der Braunschweiger Zeitung.

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