Redakteure betrachten Ereignisse auch gern einmal aus anderen als den normalen Perspektiven. Stadt und Landkreis Wolfenbüttel aus der Luft zu sehen, das ist zum Beispiel diese besondere andere Perspektive, der ich immer wieder gern nachgegangen bin, – zumal ich mir dadurch auch den Namenszusatz „Nobler Luftbildfürst und Graf der Abendsonne zu Hornburg“ erarbeitet habe.

Mit Hubschraubern, Segelflugzeugen oder Motorflugzeugen bin ich seit 1985 schon häufiger im Luftraum über Wolfenbüttel gewesen, um zum Beispiel das Wolfenbütteler Altstadtfest oder die Dörfer im Landkreis von oben zu fotografieren. Allerdings musste man anfangs noch die Luftbildaufnahmen von der Bezirksregierung freigeben lassen, ehe man sie in der Zeitung veröffentlichten durfte.

Die schönsten Ausflüge in die Luft konnte ich seit 1993 in Heißluftballonen unternehmen. Vor der Öffnung der innerdeutschen Grenze waren Ballonfahrten im Nahbereich dieser Grenze nicht erlaubt, da bei einer Ballonfahrt man vorher nicht genau weiß, wohin der Ballon vom Wind getrieben wird. Am 6. September 1993 war es dann aber erlaubt. Mit einem Ballon der Ballonagentur Meyen aus Wolfenbüttel ging es in die Lüfte, von Wolfenbüttel über Halchter, Dorstadt bis nach Hornburg, wo die Landung reibungslos klappte. Unterwegs beim fast lautlosen Gleiten durch die Lüfte hatte ich stets viel Zeit, ohne verdreckte Scheibe vor der Kamera die Dörfer und die Stadt von oben zu fotografieren.

Redakteur und
Redakteur und "Luftbildfürst" Karl-Ernst Hueske bei einer Heißluftballonfahrt, in diesem Fall in den Schweizer Alpen. © Privat | Privat

Anschließend ging es zur Tauffeier in eine Gastwirtschaft in Kissenbrück, wo mir zunächst bestätigt wurde, dass „der Täufling an der Reise durch das Luftmeer mit gehörigem Benehmen und großem Mut teilgenommen hat“. Mit der Taufurkunde wurden mir zudem die Rechte auf Besitz und Lehen der überfahrenen Ländereien zugesprochen, was ich allerdings erst entdeckt habe, als ich jetzt die Urkunde in einer Schublade wiedergefunden habe. Damals im September 1993 war mir der verliehene Titel wichtiger.

Ehe ich als „Freiherr Karl-Ernst“ jedoch nach Zunft und Ordnung der Balloner zum „Noblen Luftbildfürst und Graf der Abendsonne zu Hornburg“ ernannt wurde, steckte man mir als Taufakt kurz das Haar an den Ohren an und löschte das brennende Haar sofort mit Sekt. Es roch fürchterlich.

75 Jahre Braunschweiger Zeitung

Dieser Text ist Teil unseres großem Themenschwerpunktes zum 75-Jährigen Bestehen der Braunschweiger Zeitung.

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