In mehr als 40 Berufsjahren sammeln sich so allerlei Abenteuer und manche Abenteuerlichkeiten an. Gleich am ersten Redakteurs-Tag geht es heiß her in unserer damaligen Harz-Redaktion in Goslar, geht die nagelneue Lederjacke drauf, angekokelt bei einem Waldbrand auf dem Adenberg. Oder in Celle diese charmante Begegnung mit ihr, mit Lady Di, während Fotograf David Taylor forsch mit Prinz Charles Witze reißt. Schwindelerregend das Interview mit Charlton Heston („Ben Hur“) – bei Sturm in einem Hubschrauber.

In Gifhorn Anfang der 1980er Horst Wrobels Vision eines Mühlenmuseums begutachten – ein Pappmodell. Das Braunschweiger Filmfest mit aus der Taufe heben. Mit Günter Grass durch Wolfenbüttel bummeln und zur Nacht im Lessinghaus bei zu viel Rotwein versacken.

Auf der allerersten Aida in der Karibik herumkreuzen. Oder in Hollywood zufällig in eine Filmproduktion geraten, und später in der Zeitung von der Entstehung eines Mega-Kinoerfolgs berichten können, von „Pretty Woman“. Da fällt mir ein: Silvester „Rambo“ Stallone hat mir bis heute meinen Kugelschreiber nicht zurückgegeben. Abgehakt. Dafür hat mir Kanzler Helmut Kohl in Gifhorn seine Krawatte geschenkt.

Ziemlich heikel, bei der ersten Großdemo am Schacht Konrad in den 1980ern mit meinem Kollegen Klaus Hermann vor aufgebrachten Autonomen durch Salzgitter flüchten zu müssen. Und ärgerlich im Nachhinein, in den 90ern im Asse-Schacht gutgläubig das Versprechen zu notieren, spätestens 2013 sei dort der Deckel drauf und alles grün und schön. Denkste.

Das alles überragend, journalistisch wie emotional, das sind diese glücklichen Tage des Mauerfalls. Donnerstag, 9. November 1989, Spätdienst in der Politikredaktion, bald Feierabend. Dann im DDR-Fernsehen die Pressekonferenz mit Günter Schabowski: Der Sprecher des SED-Zentralkomitees liest live eher beiläufig von seinem Zettel den Text über die neue Reisefreiheit ab. „Das trifft … nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.“ Wir in der „Politik“ verstehen erst gar nicht, was wir gerade miterleben. Später am Grenzübergang bei Helmstedt begegnet unser Reporter einer Frau aus Magdeburg, die diese Nacht nur kurz „rüber“ macht. Sie holt ihrem Mann als Beweisstück ein Bier aus dem Westen – als Beweisstück: Die Grenze ist offen.

Die Hälfte meiner Familie lebt zu der Zeit im „Osten“, und ich mache ich mich tags darauf auf den Weg nach „West-Berlin“, um dort für unsere Zeitung dabei zu sein. Und um meinen Cousin aus Greifswald zu treffen: 12 Uhr, Siegessäule. Und gemeinsam hämmern wir hinterm Reichstag einen großen Brocken aus der Mauer. Der überwältigte Cousin-Ost ist heute übrigens Herr über ein großes Pharma-Unternehmen, aber in jedem Gespräch erinnern wir uns an dieses Novemberwochenende. Unser Mauerbrocken hat bis heute seinen Ehrenplatz.

Doch Moment. Da gibt es noch ein Ereignis, und noch großartiger, passiert auf dem Flur im Pressehaus an der Hamburger Straße in Braunschweig. Da schickt mir das Glück die Frau meines Lebens über den Weg. Heute sind wir bald 30 Jahre verheiratet.

75 Jahre Braunschweiger Zeitung

Dieser Text ist Teil unseres großem Themenschwerpunktes zum 75-Jährigen Bestehen der Braunschweiger Zeitung.

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