Wurde Ihnen schon einmal über den gesamten Supermarkt-Parkplatz und für jeden hörbar hinterhergerufen? Ich kann versprechen, man erschrickt wirklich jedes Mal wieder. Mir passiert das häufiger, müssen Sie wissen. Vor allem, wenn ich zu Besuch in meinem Heimatort bin. „Geiler Text!“, heißt es dann. Oder eben auch: „Was hast du denn da wieder verzapft?“

Meist ist mir das im ersten Augenblick ein wenig unangenehm – vor allem das Lob. Doch in der Gesamtbetrachtung freue ich mich, dass tatsächlich jemand das liest, was ich da tagtäglich Tastenanschlag für Tastenanschlag produziere. Kollegen, die nicht von hier kommen, haben es augenscheinlich schwerer. Sie bekommen seltener unmittelbares Feedback. Ich als Junge von hier werde meist schon vorab von meinen Eltern per Whatsapp-Nachrichten mit Infos versorgt, wer kürzlich Kritik, Zuspruch oder andere Anregungen übermittelt hat. Sie sind quasi meine persönliche Leser-Redaktion.

Ein Lob per WhatsApp – darüber durfte sich Lars Rücker freuen.
Ein Lob per WhatsApp – darüber durfte sich Lars Rücker freuen. © Privat | Privat

Norbert, der Vater meines guten Freundes Joost, hat sogar den direkten Draht zu mir und liefert verlässlich wertvolle Tipps für neue Recherchen. Gerade in Pandemie-Zeiten, in denen der direkte Austausch mit Lesern weniger geworden ist, ist das wohltuend. Auch von anderen Dörflern kommen zuweilen Themenvorschläge. Dem Wunsch, eine Zeitungsgeschichte über eine bestimmte Straße, in der alle Bewohner den selben Traktor (einen Geräteträger) besitzen, zu recherchieren, konnte ich allerdings noch nicht nachkommen.

Ich wurde in Gesprächen über meinen Werdegang umarmt, abgeknutscht, habe auch mal harte Worte einstecken müssen und beinahe einen Verkehrsunfall (mit)verursacht, weil mein Gesprächspartner mir noch etwas zur Lage der Eintracht mit auf den Weg geben wollte, bei der Weiterfahrt mit dem Rad aber für einen zu langen Moment das Nachvornegucken vergaß.

Das alles will ich nicht missen. Und 75 Jahre Braunschweiger Zeitung sind ein guter Anlass, um Danke zu sagen. Ihr seid klasse! Ich habe in meinem noch jungen Reporterleben zwar auch schon Promis getroffen und Orte gesehen, an die sonst niemand so leicht kommt, trotzdem ist mir ein ehrliches Gespräch über das, was die Menschen zwischen Harz und Heide und insbesondere in meinem Dorf bewegt, 1000 Mal lieber.

Nur in einem Punkt hat meine Stammleserschaft noch Potenzial: Sie könnte in der Altersklasse U40 Zuwachs bekommen.

75 Jahre Braunschweiger Zeitung

Dieser Text ist Teil unseres großem Themenschwerpunktes zum 75-Jährigen Bestehen der Braunschweiger Zeitung.

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