Hängen bleiben Dinge, die völlig unerwartet kamen. Wie am Freitag, 18. Juli 2014. Ankunft des ersten Traminos in Braunschweig. Eingeladen war zwar keiner. Mit mehr als 50 Neugierigen rechnete die damalige Verkehrs-AG aber schon. Es sollten dann jedoch weit mehr als 600 werden, die nachts ab 1 Uhr für das wohl einzige Straßenbahn-Happening Braunschweigs sorgten.

Irgendwie hatte damals alles gepasst. Am Sonntag zuvor war Deutschland Fußball-Weltmeister in Brasilien geworden – der Braunschweiger war es gewohnt, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen. Wegen Bauarbeiten auf der Helmstedter Straße musste zudem das Abladen der neuen Bahn vom abgelegenen Depot am Hauptgüterbahnhof in die Innenstadt verlegt werden. Außerdem war es eine wunderbar laue Nacht. Bereits um Mitternacht brodelte der Hagenmarkt. Aus einem Versorgungsbus wurde Mineralwasser verteilt, damit keiner der Wartenden schlapp macht.

Tour-de-France-Stimmung im Kleinen. Was dort die Hubschrauber sind, die das Nahen des Feldes ankündigen, war am Hagenmarkt das Blaulicht der vorausfahrenden Polizeiwagen. Dann die gelben Warnlichter des Schwertransports. Dann endlich der Anhänger samt Tramino.

Mit großer Selbstverständlichkeit wurde von den Wartenden der spärliche Verkehr komplett lahmgelegt. Denn wo, wenn nicht auf der Straße, sollten Stative aufgestellt werden, den Tramino zu fotografieren? Gerangel um die besten Plätze. Wieder und wieder Blitzlichter. Die Fenster umliegender Häuser als Logenplätze für verblüffte Anwohner in Schlafanzügen und Nachthemden. Mit Mühe gelang es nur, für eine Gasse in der Menge der Schaulustigen zu sorgen, damit die Bahn vom Transporter in die Schienen rollen konnte. Abgesperrt war nichts. Eiligst wurden kleine Pylone aufgestellt. Der Zeitplan war längst dahin. Straßenbahn-Chef Dirk Fischer wurde erkannt und bestürmt, endlich die Türen der fabrikneuen Bahn zu öffnen. Wie sieht es im Innern genau aus? Wie sitzt man? Wir hätten gern Detail-Aufnahmen. Andere verlangten Einlass per Monatsmarke. Fischer blieb standhaft: „Wenn wir die Türen öffnen, dann kommen wir heute Nacht hier überhaupt nicht mehr weg.“

Jedes Happening hat ein Ende.

Freitag, 18. Juli 2014, 1.30 Uhr: Bitte zurücktreten, wir möchten gerne eine Straßenbahn entladen.
Freitag, 18. Juli 2014, 1.30 Uhr: Bitte zurücktreten, wir möchten gerne eine Straßenbahn entladen. © BZV-Archiv | AMMERPOHL THOMAS