„Ich wollte das Ritual des Stadionbesuchs zumindest ein bisschen kompensieren.“

Ziemlich früh stand es null zu eins. Besserung nicht in Sicht. Ich hatte Bier und Chips besorgt und Pizza gebacken. Ich wollte das Ritual des Stadionbesuchs zumindest ein bisschen kompensieren. Immerhin ein langes, hingebungsvoll gepflegtes Familienritual, das für mancherlei Spott im Freundinnenkreis gut war. Aber die Jungs? Stopften Pizza („Super, Mama“), gurgelten das gute Wolters weg und waren nicht mal enttäuscht. „Irgendwie verlorene Zeit“, sagte der eine. „Finde ich auch, der ganze Fußball-Hype wird sowieso immer unerträglicher...“ Ich so: „Mensch Jungs, das ist doch nicht Super League oder Conference League oder Champions-League oder der ganze Katar-Zynismus oder sonst irgendein Hyperkommerzdreck! Das ist unser‘ Ein…“ Der andere: „Ja okay, mag sein, aber guck doch hin. Da passiert doch nichts.“ Was sollte ich sagen? Er hatte ja recht. Sie gingen mitten in der zweiten Halbzeit auf eins ihrer Zimmer, um an der Playstation Basketball zu spielen. Und ich saß da mit dem trübseligen Gatten und dachte an die wunderbaren Zeiten im Stadion, mit lauwarmer Bratwurst und schlecht gezapftem Bier aus dem Plastikbecher und wie wir uns selig in den Armen lagen und unsere super Sitznachbarn gleich mit, wenn Ken Reichel in der letzten Minute… Und der Stadionsprecher: „Tooooooor!!!! Für! Die! Brrrraunschweiger!! AAAAAAntracht!!!!“ Tja. Und jetzt so ein stiller Abschied. Hoffentlich nicht für immer.