Und doch weht dich da ein Geist von Würde und Tradition an.,

So schön es ist, dass die Kinder in der Pandemie ihr Leben gern mal aus dem Wohnheimschuhkarton an die heimische Bierkiste zurückverlegen. Allein: Du kannst dir keinen Aussetzer erlauben. Als mich der Sohn dabei erwischte, wie ich im Fernsehen die Trauerfeier für Prinz Philip ansah, kommentierte er den Niedergang einer an sich „stolzen, lebensklugen, emanzipierten Frau“, mit dem Spott eines geduldigen Krankenpflegers: „Kleine Detschmutti guckt sich den langweiligen Royalistenquatsch an.“

Ich hätte jetzt behaupten können, ich wäre da zwischen der Lektüre des neuen Christian-Kracht-Romans, einer Trommel Buntwäsche, einer Annalenarobert-Tiefenpsychoanalyse und dem solidarisch mit seinem Vater abgewehrten Staubmausangriff rein zufällig hineingeraten. Weil ich beim Nachdenken über die K-Frage versehentlich auf die Fernbedienung getreten bin. Wäre aber voll gelogen gewesen. Denn jetzt mal ehrlich, lieber Sohn, ist es denn nicht auch irgendwie irre, dass diese Zeremonie, diese minutiös orchestrierte Inszenierung im mittelalterlichen Gemäuer mit Kanonendonner, Schweigeminute, Leibgarde und schottischem Ehrenregiment, Chorgesang in St. George†s Chapel und den aufgebahrten Insignien des Prinzen auf dem Altar – abgesehen von dem Bentley der Queen – so schon vor 500 Jahren hätte stattfinden können? Genau so! Welch Anachronismus! Sturzlangweilig? Gewiss. Wohl schon damals. Und doch weht dich da ein Geist von Würde und Tradition an, der irgendetwas in dir zu Tränen rührt. Lang lebe die Königin!