“So habe ich schon viele Seelen auf dem Gewissen. Die große Göttin des Karpfenteichs möge meiner Seele dennoch gnädig sein.“

Zeitlebens muss ich mich erklären, warum ich keinen Fisch mag. Die Erklärung ist so unspektakulär wie eindeutig: Er schmeckt mir nicht. Früher habe ich mich durch diese markerschütternden „Wieso-denn-nicht“-Entsetzensschreie noch genötigt gesehen in kurzweiligen Kurzvorträgen das hochkomplexe und sehr differenzierte Geschmacksempfinden von Mitteleuropäern analytisch auszugründeln. Heute bleibe ich stumm wie ein Fisch, wenn mir mal wieder jemand eine Gabel mit perfekt auf der Haut gegartem Zander unter die Nase rammt, die ich doch „bittebittebitte“ nicht verschmähen möge, weil es ihm sonst in der Seele wehe tue, ach was, die Seele zerberste, weil mir dieses Geschmackspiffpuffpeng versagt bliebe.

So habe ich schon viele Seelen auf dem Gewissen. Die große Göttin des Karpfenteichs möge meiner Seele dennoch gnädig sein. Jetzt servierte ich neulich Gnocchiauflauf. Es war ein einziges Stochern, Rauspicken, Beiseiteschieben. Die Mahlzeit als sezierender Akt. Auf meine behutsame Frage, was denn nicht so munde, fielen sie über mich her wie Harpuniere. Diese Gurke (gemeint war eine Zucchini, Anmerk. der Autorin) sei vollends entbehrlich. Der Auberginenmatsch eine Zumutung. Die Pilze Labberkram. Ich blieb stumm. Wie ein Fisch.