„Die Söhne halten diesen Kalender für eine leichte Störung ihrer Mutter, eine Macke, einen Spleen, eine Schrulle.“

Niemand hat mehr einen Taschenkalender, Mama. Wirklich niemand.“ Solche Sätze eignen sich dazu, sich bei folgender Gemeinheit munter unterzuhaken und fröhlich pfeifend durch das Herbstlaub zu rauschen: Mama ist halt alt. Variante: Süß, aber von gestern. Ich habe ob meines güldenen Kalenders, den die Zeitschrift Brigitte noch immer nicht aufgegeben hat aufzulegen, schon so viel Hohn und Spott von den Meinen einstecken müssen, dass sich mein zerdelltes Seelchen mittlerweile mit Goldstaub gegen die Ätzereien gewappnet hat. Was ich da bloß immer alles krickele und krakele, lästert die Familie über dieses Goldbuch, das im Laufe eines Jahres immer dicker, plustriger wird, weil die Kugelschreibervermerke, die Durchstreichungen das Papier natürlich wellig werden lassen und der Kalender übers Jahr immer dicker wird. Das fasst sich dann nach einem knappen Jahr, so wie jetzt, nach viel Leben an. Die Söhne halten diesen Kalender für eine leichte Störung ihrer Mutter, eine Macke, einen Spleen, eine Schrulle. Ich halte das aus, weil ich weiß, dass sie ihr Termine-vergessen-Quotient irgendwann mal, wenn auch nicht zu einem goldenen Buch, so doch aber zu irgendeinem Erinnerungssystem führen wird. Nun war es soweit: Könntest du dir bitte notieren, dass ich mich ab 1. März für das Praktikum bewerben kann? Dass mein goldenes Buch noch mal zu solchen Ehren kommt, hätte ich indes nicht gedacht.