Wie oft verlangen Eltern von Kindern, ihnen ihre Standorte zu übermitteln? Ist das für das Kind eine Entlastung oder eine Last?

Alle vier Wochen findet ein Stammtisch von Liebhabern alter britischer Autos statt. Das sind Oldtimer, die heute nicht mehr gebaut werden und die von ihrer Attraktivität nichts verloren haben. Es sieht schön aus, wenn mehrere von diesen Autos nebeneinander geparkt sind. Die anderen Gäste, die nicht zu dem Stammtisch gehören, fragen oft: „Wem gehören die Oldtimer draußen?“

Jedes Mal muss ich daran denken, dass heute kaum ein Auto gebaut wird, das man in 30 Jahren noch auf der Straße sehen wird. Was soll daran nachhaltig sein?

Am Wochenende hatte mein Freund Claas mich zu seinem
81. Geburtstag eingeladen. Frech wie er ist, machte er sich über meine Rostlaube lustig und fragte mich, wann ich endlich ein neues Auto kaufen werde. Ich sagte, dass ich angesichts der neuen Technik eher ein Auto abonnieren werde, statt eins zu kaufen. Dadurch bräuchte ich das Auto nur auszutauschen, falls die Elektronik verrückt spielt. „Jetzt staunst du“, sagte ich, „das hätte deine Generation nie geglaubt, dass man irgendwann ein Auto abonnieren wird. Ihr seid zum Autohändler gegangen, nachdem Ihr genug Geld gespart hattet.“ Er nickte, und seine Gäste auch. Scherzend sagte ich, dass ein Abo-Auto noch den Vorteil hätte, dass ich ihn jede Woche mit einem anderen neuen Wagen besuchen würde. So könnte ich ihm Reichtum vorspielen. Seine Augen würden leuchten, ich würde ihm sagen, dass all diese Autos mir gehören. Beeindruckt würde er mich überreden, sein Schwiegersohn zu werden.

Da lachte ein anderer Gast und sagte: „Nachdem du seine Tochter geheiratet hast, werden wir feststellen, dass du einen Trabi in der Garage hast.“ Ein anderer Gast erzählte, dass man die Fahrschulen zwingen sollte, den Jugendlichen das Fahren auf alten Autos beizubringen. Nachdem seine 18-jährige Tochter ihren Führerschein gemacht hatte, bekam sie den Wagen der älteren Schwester. Während der ersten Fahrt saß die ältere Schwester auf dem Beifahrersitz. Die Jüngere legte den Rückwärtsgang ein und fuhr gegen den dahinter geparkten Wagen. „Dein erster Unfall!“, rief die ältere. „Wieso?“ „Du hast den Wagen hinter uns berührt.“ „Es hat doch gar nicht gepiept!“

Da fiel mir meine jüngste Erfahrung mit einem Mietwagen ein. Nachdem ich den Rückwärtsgang eingelegt hatte, schaltete sich auf dem Armaturenbrett eine Kamera ein. Ich war irritiert, denn ich bin gewöhnt, über die Schulter nach hinten zu blicken. „Wie soll ich mich nun verhalten?“, fragte ich mich. Diese Frage wird die Menschheit lange beschäftigen: Muss alles, was technisch machbar ist, auch gemacht werden?

Eigentlich sollte die Technik den Menschen helfen gesünder zu leben. Ist das wirklich so? Wenn ein gesunder Mensch im dritten Stockwerk wohnt, und jeden Tag seine Wohnung über die Treppen erreicht, trainiert er damit seine Beinmuskulatur. Aber sobald er mit dem Aufzug rauf und runter fährt, baut er seine Muskeln ab. All diese Techniken, die wir ungewollt anschaffen, greifen nicht nur unseren Körper, sondern auch unsere Psyche an. Wir sind dank des Mobiltelefons nicht nur ständig erreichbar, sondern wir werden gezwungen, Informationen abzuliefern. Nicht nur an die IT-Konzerne, sondern an unsere Verwandten und Freunde, die wir dauernd mit Nachrichten und Bildmaterialien versorgen. Wie oft verlangen Eltern von Kindern, ihnen ihre Standorte zu übermitteln? Ist das für das Kind eine Entlastung oder eine Last?

Zurück zu dem Mietwagen. Das Auto sprach mich ständig an: „Bitte folgen Sie der Umwelt zuliebe der Gangempfehlung.“ „Fuß vom Gaspedal“; „Fahr in der Mitte der Fahrbahn“; „Hände ans Lenkrad!“. Ich war von der Informationsflut so genervt, dass ich beschloss, die Mitteilungen in dem Wagen zu begrenzen, und schaltete deswegen das Autoradio ab. Als ich ins Bett ging, haben mich die Aufforderungen noch im Schlaf verfolgt. Im Traum habe ich mich in das Auto gesetzt. Nachdem ich vergeblich versucht hatte, den Motor zu starten, erschien auf der Konsole folgende Information: Sie haben fünf Kilo zugenommen. Lassen Sie das Auto stehen und gehen Sie zu Fuß.

Luc Degla studierte im Benin Mathematik und in Moskau und Braunschweig Maschinenbau. Der freie Autor lebt in Braunschweig. In seiner Kolumne beschreibt er sein Leben mit den Deutschen.