Auf der Nordhalbkugel unserer Erde wurde und wird im Mai um eine gute Ernte gebetet.

„Maria, Maienkönigin, dich will der Mai begrüßen“, so beginnt eines der bekanntesten Marienlieder. Die katholische Kirche gedenkt im Fruchtbarkeitsmonat Mai Marias, der Mutter Jesu, der den Tod besiegte. Maria steht, wie der Mai, für den Neuanfang. In Deutschland werden seit Mitte des 19. Jahrhunderts Maiandachten zu Ehren Marias begangen, oft am „Maialtar“, auf dem eine Marienstatue steht, die mit Blumen und Kerzen geschmückt ist. Papst Paul VI. widmete 1965 der Verehrung Marias im Mai eine Enzyklika mit dem Titel „Mense Maio“ (Im Monat Mai).

Die Marienverehrung im Mai geht auf vorchristliche Zeiten zurück. Auf der Nordhalbkugel unserer Erde wurde und wird im Mai um eine gute Ernte gebetet. Relikte bis heute sind Flurprozessionen, die Segen für die Felder erbitten. Die Katholiken auf der Südhalbkugel feiern Maria daher im dortigen Frühlingsmonat November.

Im Protestantismus spielt die Marienverehrung nur eine geringe Rolle. Luther widersprach den Vorstellungen von Maria als Vermittlerin zwischen den Gläubigen und Christus. Er sah in ihr aber auch ein Vorbild für Demut, Reinheit und Glauben. Die Tatsache, dass auch viele protestantische Kirchen den Namen Marias tragen, liegt wohl darin begründet, dass es sich um vor der Reformation erbaute Kirchen handelt oder dass sie am Ort einer ehemaligen Marienkirche errichtet wurden.

Zu letzteren gehört die Wolfenbütteler Hauptkirche „Beatae Mariae Virginis – Der seligen Jungfrau Maria“, erbaut 1608 bis 1624. Sie ist der „erste bedeutende protestantische Großkirchenbau der Welt“ (Wikipedia). Der Leiter der Hamburger Kunsthalle Alfred Lichtwark schrieb 1907 über sie: „Die berühmte Hauptkirche, eine gothische Construction von oben bis unten in Renaissanceformen gekleidet, so wie sie dasteht aus einem Guß aufgeführet. … Der Bau ist eine Reise werth, namentlich für den Architekten.“

Im Landkreis findet man drei weitere Marienkirchen aus früheren Jahrhunderten, die katholische Kirche St. Marien in Schladen sowie die evangelischen Kirchen Beatae Mariae Virginis in Hornburg und die Marienkirche in Schöppenstedt, Stadtteil Küblingen.

Die katholische Kirche „Maria vom Frieden“ in Groß Vahlberg wurde 1997/8 entweiht und verkauft. Auf dem privaten Gebäude (Vorwerk 6) erinnert ein Dachreiter mit Kreuz an seine ehemalige Nutzung. Fortsetzung folgt.

Georg Ruppelt erzählt jede Woche Geschichte und Geschichten aus Stadt und Kreis. Ruppelt war stellvertretender Direktor der Herzog-August-Bibliothek und Direktor der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek.