„Ich vergatterte die drei Töchter zum „film noir“ auf Arte. „Der zweite Atem“. 1966.“

Epochale Filmkunst! Oho! Endlich durfte ich Sonntag mal die coronakrisenfernsehprogrammatische Abendentscheidung fällen. Ich vergatterte die drei Töchter zum „film noir“ auf Arte. „Der zweite Atem“. 1966. Regie: der große Jean-Pierre Melville. Hauptrolle: der große Lino Ventura.

Tja. Das Ding dauerte zweieinhalb Stunden. Zwei Drittel der Zeit bestand daraus, dass sich schemenhaft agierende Männer mit langen Mänteln und verbeulten Hüten in stockfinsteren Pariser Straßen böse anschauten und mit Pistolen bedrohten. Manchmal stiegen sie in Autos. Manchmal wieder aus. Und immerzu rauchten sie.

Nach einer Weile merkte ich, dass die Mädels zu gähnen begannen. Sie hatten Schwierigkeiten, die diversen Gangster und Kommissare überhaupt auseinanderzuhalten. Erschwert wurde dies auch dadurch, dass verschiedene Synchronfassungen einander – warum auch immer – ständig abwechselten, so dass die Finstermänner dauernd andere Stimmen hatten.

Im Filmlexikon hatte ich gelesen, dass „Der zweite Atem“ als „Wendepunkt“ von ikonographisch präzisen Milieufilmen hin zu einer philosophisch verfeinerten Filmsprache gar nicht hoch genug einzuschätzen ist. Doch wie trist und öde schleppte sich die Chose hin...

Dann aber gab es zumindest für mich noch einen Aha-Moment. Seit vielen Jahren mag ich es, dass meine Frau als Synonym für „erstaunt“, „baff“, „verdutzt“ oft das Wort „geplättet“ benutzt. Sonst tut das eigentlich niemand. Doch was sagt Lino Ventura in der Synchronfassung 2b, als er gegen Ende drei andere Gangster mal wieder mit vorgehaltener Waffe überrascht? „Jetzt seid ihr geplättet, was?“

Es war so ein toller Moment. Der Abend hat sich voll gelohnt.