Der Adventskalender wurde als dekadent-dämliche Insigne einer überspannten Konsumgesellschaft verächtlich gemacht.

Als sich der Kinderglaube an den Weihnachtsmann dereinst endgültig in Knecht Ruprechts Besenkammer des schwarz-pädagogischen Ruten-Schreckens verdünnisiert hatte, zogen mit der Pubertät dunkle Wolken über der Adventszeit auf. Der Adventskalender wurde als dekadent-dämliche Insigne einer überspannten Konsumgesellschaft verächtlich gemacht. Mitunter fiel er dann doch nächtlichen Heißhungerattacken zum Opfer. 24 auf einen Streich.

Nachdem wir diese Entwicklungsphase leicht gezauselt überstanden hatten, begleiteten die Kinder meine Vorbereitungen für das Weihnachtsfest mit gütigem Blick, in etwa so, wie man Tattergreisinnen letzte Wünsche nicht verwehren mag. Artig leerten sie die Filzsterne des Adventskalenders Tag für Tag. Und manchmal meinte ich sie in der Tonart des lieblichen Singsangs von freundlich zugewandtem Pflegepersonal raunen zu hören: Lassen wir ihr doch die Freude.

Dieses Jahr habe ich den Adventskranz kurz vor knapp zusammen gekloppt, die Deko aufs Nötigste geschrumpft. Eh keiner da. Am 1. Dezember schrieb dann der Sohn aus Neuseeland: „Heute morgen aufgestanden, keine Süßigkeiten im roten Stoffsternchen.“ Tränen-Emoji. Gut, dass ich den Kalender noch nicht gulliert habe. Muss ihn nur wiederfinden . . . . . Kicher-Emoji!