„Womöglich fehlt den Deutschen beim digitalen Journalismus das Haptische.“

Wenn diesen Montag die Mitglieder des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) sich zu ihrem alljährlichen „Publisher’s Summit“ in Berlin treffen, wird ihnen eine positive Nachricht präsentiert: Laut einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach sehen neun von zehn Deutschen „qualitativ hochwertigen Journalismus“ als wichtig für Demokratie und Gesellschaft an. Konkret sind es 88 Prozent. „Lügenpresse“-Schreier sind folglich eine lautstarke, aber überschaubare Minderheit. Ein weiteres Ergebnis der Erhebung lautet, dass die Deutschen für Zeitschriften monatlich 240 Millionen Euro ausgeben. Das sind pro Kopf – vom Säugling bis zum Greis – drei Euro im Monat. Im weltweiten Vergleich ist das ein Spitzenwert. Zugleich jedoch wollen die Bundesbürger für Internet-Journalismus nicht zahlen. 67 Prozent von ihnen sind nicht bereit, für journalistische Angebote im Internet Geld auszugeben. Wie passt das zusammen? Es gibt drei Ansätze, um das Phänomen zu erklären.

Gedruckte Magazine haben eine taktile Dimension. Womöglich fehlt den Deutschen beim digitalen Journalismus das haptische Erlebnis. Dagegen spricht allerdings, dass zu den 240 Millionen Euro, die wir monatlich für Zeitschriften ausgeben, auch die Ausgaben für digitale E-Papers mitgezählt werden. Im Auflagenmix spielen sie eine immer wichtigere Rolle, während der Anteil gedruckter Exemplare zurückgeht.

Der zweite Erklärungsansatz geht davon aus, dass die Annahme, jeder Deutsche würde drei Euro im Monat für Zeitschriften ausgeben, eine rein rechnerische Betrachtung ist. Natürlich kauft kein Säugling Zeitschriften. Und womöglich ist auch unter Erwachsenen der Anteil derer groß, die nie in ein Magazin schauen. Die Annahme könnte realistisch sein, dass jeder dritte Deutsche monatlich neun Euro für Zeitschriften ausgibt. Und eventuell ist dieses Drittel der Bevölkerung identisch mit dem, das bereit ist für Journalismus im Internet Geld auszugeben. Doch wenn der Anteil der Deutschen, die sich über journalistische Produkte informieren, so gering ist, wie kommen dann die 88 Prozent der Bundesbürger zustande, die laut Allensbach Journalismus wichtig finden?

Vielleicht führt Ansatz drei weiter: Kostenlose Nachrichten gibt es im Netz überall. Die Nutzer schätzen all diese Angebote. Sie surfen in der Mittagspause zu den Portalen, um sich kostenlos auf den neuesten Stand zu bringen. Das heißt aber nicht, dass sie nicht bereit wären, für vertiefende Hintergründe, Analysen und Reportagen zu zahlen. Genau diesen Lesestoff bieten Zeitschriften – und inzwischen auch Zeitungen. Womöglich lässt sich das Print-Internet-Paradoxon damit erklären, dass schlichter nachrichtlicher Internet-Journalismus etwas anderes ist als Zeitschriften- und Zeitungsjournalismus.