„Unser Engel war schon beim Auszug der Israeliten unterwegs!“

Als Gott der Herr sprach: „Es werde Licht“, da war unser Engel ein Jungspund. Düste runter auf die Erde. Versuchte sich als Friedensengel zwischen Kain und Abel, als Racheengel beim Auszug der Israeliten aus Ägypten inklusive 40 Jahren Wüste, als Schutzengel diverser Soldaten im Dreißigjährigen Krieg, als Weihnachtsengel im Krippenspiel des Schwererziehbaren-Heims im Berliner Wedding, als gelber Engel beim ADAC. Kurz: Er agierte eher glücklos. So sah er auch aus, als er vor Jahren zu uns kam. Das Gewand, einer Teetüte aus weißem Papier nicht unähnlich, zerfetzt, die zauselige Perücke gerupft und schief auf dem Holzkopf. Das wurde über all die Jahre nicht besser, in denen er bei uns sein Dasein als Weihnachts-Deko fristete. Ich wollte ihn entsorgen. Doch da war der Junge vor. Ohne diesen Engel könne ihm das ganze Weihnachten gestohlen bleiben, erklärte er. Wer weiß, wofür es gut ist. Vielleicht legt unser Engel ja beim Jüngsten Gericht ein gutes Wort für uns ein.