Meine. Lokalpolitiker und Eltern kritisieren die Auswahl des Gesundheitsamts, wer in Quarantäne gehen muss und wer auf das Corona-Virus getestet wird.

Wer muss in Quarantäne, wer wird auf Corona-Infizierung getestet? Das Vorgehen des Kreis-Gesundheitsamts sorgt im Papenteich weiter für Verwirrung und Verwunderung, wie zahlreiche Mails und Posts an die Redaktion unserer Zeitung belegen: „Warum werden Unterschiede gemacht?“, fragt zum Beispiel Ulrich Standt aus Wedelheine, „da gibt es erkennbare Widersprüche.“

Der Hintergrund: Standt saß als Lokalpolitiker während einer Samtgemeinde-Finanzausschusssitzung am 10. März neben einer Person, die nachträglich als Corona-positiv getestet wurde. „Ich wurde von einem Mitarbeiter des Gesundheitsamtes angerufen.“ Das Ergebnis: Standt hatte sich in Quarantäne zu begeben. Und: „Er teilte mir mit, auch meine Frau stünde ab sofort unter Quarantäne.“ Schließlich leben beide zusammen in einer häuslichen Gemeinschaft.

Bei der Lektüre unserer Zeitung vergangene Woche wunderte sich Standt allerdings, dass bei den Eltern von Grundschulkindern, die als Kontaktpersonen eines infizierten Kindes im Hort gelten, anders verfahren wurde: „Ist der Grund möglicherweise darin zu suchen, dass meine Frau Rentnerin ist, bei einer Quarantäne also keinen Verdienstausfall hat, den das Gesundheitsamt bei den Eltern der betroffenen Meiner Kinder aber erstatten müsste, wenn sie diese anordnen würde?“

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Den mittlerweile als negativ gemeldeten Test hatte er nicht über das Gesundheitsamt bekommen, sondern von seiner Hausärztin. Auch seiner Frau verwehrte das Amt einen Test, obwohl sie zwischenzeitlich leichtes Fieber zu beklagen hatte. „Warum hat es bei mir als Kontaktperson zu einem Infizierten keine Probenahme angeordnet, obwohl dies in allen Fernsehsendungen immer als notwendig hervorgehoben wird?“

Auch die Mutter eines in Quarantäne befindlichen Meiner Hortkindes, die nicht namentlich genannt werden möchte, wundert sich im Telefongespräch mit der Rundschau über die Testpraktiken: „Man sagte uns, unsere Tochter habe die Symptome schon zu lange“ – dabei passe der Zeitabstand mit der Inkubationszeit überein. Sie kenne allein schon vier Familien mit Kindern in Quarantäne – „alle haben Fieber und Husten“ –, aber keins werde getestet oder die Angehörigen ebenfalls in Quarantäne gesteckt. „Theoretisch könnten wir überall herumlaufen“, sie und ihre Bekannten würden sich aber nun freiwillig aufs eigene Haus beschränken.

„Das Gesundheitsamt weigert sich, Tests und Quarantäne für die ganzen Familien anzuordnen“, kreidet Stefanie Velten, ebenfalls Mutter aus Meine, an – „So wird der Papenteich irgendwann zu einem Epizentrum!“ Auch ihre Familie bleibe strikt zu Hause – schon aus Selbstschutz.

Die Erklärung für das Vorgehen des Gesundheitsamts blieb Landrat Andreas Ebel der Redaktion am Montag bis Redaktionsschluss allerdings schuldig. Einzig aus einer am selben Tag veröffentlichen Ansprache lassen sich Rückschlüsse ziehen. In der heißt es unter anderem: „Wir entscheiden nach den Kriterien des Robert-Koch-Institutes, wer in häusliche Quarantäne gehen muss und wer eine Behandlung benötigt.“

Und weil Ebel sehr oft danach gefragt werde: „Wir werden keine Auskünfte über die Wohnorte derjenigen geben, die positiv auf das Corona-Virus getestet wurden. Unser Amtsarzt unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht, der auch ich mich nicht widersetzen kann und will.“ Allerdings: Für Dienstag ist eine Online-Pressekonferenz anberaumt, bei der einige Fragen geklärt werden sollen.

Welches Ausmaß der Infizierungsfall im Meiner Hort letztlich annimmt, bleibt ebenfalls weiter ein Geheimnis – des Kreises. Angaben über Quarantäne- und Verdachtsfälle werden seit vergangenem Freitag nicht mehr an die Öffentlichkeit gegeben. Nicht einmal die Kommunalen Verwaltungen sind im Bilde: „Der Kreis sagt uns nicht, wie viele Fälle es im Papenteich gibt“, sagt Samtgemeinde-Bürgermeisterin Ines Kielhorn. Die Informationspolitik sei von Anfang an ein Kritikpunkt gewesen. Andererseits glaube sie, dass das Gesundheitsamt dadurch einer Verunsicherung entgegenwirken wolle. Auch Gemeinde-Bürgermeisterin Ute Heinsohn-Buchmann fehlt der Überblick. Sie weiß nur: „Fünf Hort-Mitarbeiterinnen sind nun in Quarantäne. Wir kriegen sonst überhaupt keine Informationen.“ Zurzeit brauche aber auch überhaupt kein Kita-Mitarbeiter zur Arbeit zu kommen, denn die Notgruppen seien bis jetzt nicht nötig gewesen.