Gifhorn. Der Haushalt für 2024 ist defizitär. Bis 2027 wird das Gesamtminus auf 35 Millionen Euro ansteigen. Was bedeutet eine Haushaltssicherung für den Landkreis?

Mehrere Hauptverwaltungsbeamte aus dem Landkreis wohnten der letzten Kreistagssitzung im Rittersaal bei. Und sie bekamen mit, was in den nächsten Jahren wohl auf sie zukommt. „Es ist der anspruchsvollste Haushalt der letzten Jahre“, sagte Landrat Tobias Heilmann bei seiner Kommentierung des Haushalts für 2024. Denn der ist mit knapp 13 Millionen Euro im Ergebnishaushalt und 16,5 Millionen Euro im Finanzhaushalt defizitär, wenngleich auch erheblich weniger im Minus als der von Nachbarlandkreisen oder der Stadt Wolfsburg.

11,5 Millionen Euro neue Schulden muss der Landkreis aufnehmen, erlaubt, weil in den letzten Jahren Überschüsse erwirtschaftet wurden. Allerdings gibt es einen Kreistagsbeschluss, nach dem ab dem Jahr 2025 wieder ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden muss. „Machen wir aber nicht, weil wir mit den Kommunen reden“, kündigte Heilmann an. Und dabei gehe es um die Erhöhung der Kreisumlage, die von den Gemeinden, Samtgemeinden und Städten bezahlt wird. Der bisherige Hebesatz von 38,5 Prozent suche in Niedersachsen seinesgleichen, so der Landrat. Und Bund und Land kommen ihren Verpflichtungen nicht nach, kritisierte er.

Haushaltssicherung: Sämtliche freiwilligen Leistungen würden auf dem Prüfstand stehen

Bis 2027 wird es ein Gesamtminus von 35 Millionen Euro und 30 Millionen Nettoneuverschuldung geben. „Dafür investieren wir aber“, sagte Heilmann. Damit seien dann die Rücklagen aufgebraucht, es drohe eine Haushaltssicherung seitens des Landes und das stelle sämtliche freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand. Jürgen Völke (Unabhängige) meinte, „es wäre schön, wenn es bereits jetzt eine Haushalssicherung gäbe, damit uns das mal gesagt wird. Es ist noch nicht ganz bewusst, in welchem Dilemma wir stecken.“ Am Anfang sei man noch mit dem Haushalt zufrieden gewesen, jetzt nicht mehr.

Unabhängige, FDP, AfD, BIG und Linke vortierten am Ende gegen den Haushalt, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Zuerst hatte Finanzausschussvorsitzender Andreas Kuers (CDU) sich, allerdings nicht euphorisch, für den Haushalt stark gemacht und dafür Anerkennung von SPD und Grünen bekommen. 370 Millionen Euro ist das Gesamtvolumen des Haushalts, und mehrere Redner wiesen auch auf die 220 Millionen Euro Schulden, Stand Ende 2022, hin, die der Landkreis und seine Gesellschaften vor sich herschieben.

Bei der Kreisumlage, die im nächsten Jahr noch 95 Millionen Euro beträgt, werde man ab dem Jahr 2025 zwar keine Superlösung, aber einen Kompromiss finden, sagte Kuers. Die Luft werde rauer, aber das sei legitim. Es werden aber keine Spaßveranstaltungen in den nächsten Jahren, kündigte er an. Zwar gebe es noch freiwillige Leistungen, aber wenn man die streiche, dann müsse man sie dennoch aus anderen Töpfen erfüllen.

Zuschuss an das Queere Netzwerk wird gestrichen

4 Millionen Euro wurden aufgrund von Anträgen freier Träger diesmal noch bewilligt. Im nächsten Jahr ist aber etwa der Zuschuss über 7000 Euro an das Queere Netzwerk gestrichen. Immerhin gab es von einigen Rednern moralischen Beistand für die queeren Bürger im Publikum. Zudem forderte Kuers die Verwaltung auf, Angaben zu Mehrausgaben, sollten sie anfallen, schnell auf den Tisch zu legen. Brigitte Brinkmann (SPD) rief dazu auf, sich auf die Kernausgaben zu konzertieren. Das seien Bildung, Straßen und Radwege sowie die Müllabfuhr. Und Träger freiwilliger Leistungen müssten aber wissen, dass Einsparungen nötig seien, um den Haushalt zu sanieren. „Haushaltsoptimierung, noch ein ganz zartes Pflänzchen, ist das Gebot der Stunde“, sagte auch Rüdiger Wockenfuß (Grüne). Bei den Kürzungen freiwilliger Leistungen habe man „am Ende Struktur und Konsequenz verloren“. Frank Lange (AfD) vermisste ebenfalls die „großen Einspareffekte“. „Es war, als wenn jemand mit der Laubsäge im Wald Holz machen wolle.“

Variablen gebe es zudem im Wertstoffhof Ausbüttel, der Förderschule und der Tankumsee-Gesellschaft. „Die Abgabenlast steigt, der Personalbestand auch“, kritisierte Robert Preuß (AfD). „In der Wirtschaft wären wir insolvent, und da erhöht kein Unternehmen seinen Personalbestand.“ Man könne sich das „Nanny-System“ nicht mehr leisten. Die Verwaltung müsse verschlankt werden und sich auf die Kernaufgaben konzentrieren. Zudem gebe es durch die Zuwanderung „eine riesige Kostenlawine“.

Zu wenige Vorschläge für Einsparungen sah Telse Dirksmeyer-Vielhauer (CDU). Stattdessen habe man die Politik suchen lassen und Deckungslücken zu spät gemeldet. Was man 2023 geschafft habe, hatte Heilmann aufgezählt. Umzug ins Sparkassengebäude, Gründung der Wirtschaftsförderung, wieder eine Dienstversammlung in der Stadthalle, Mitarbeiterbefragung, Vorantreiben der Digitalisierung, Glasfaser an Schulen , Optimierung der Dienstleistungen der Fachbereiche Jugend und Soziales für die Bürger, Investitionen in Straßen, Radwege, Schulen und Tankumsee, Stellenbesetzungen, Feuerwehrkonzept und Aufwertung der Augenoptikerschule.

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