Jugendliche holten die verpatzte Aktion vom vergangenen Oktober nach. Darum kehrt Initiator Gunter Demnig nach Kästorf zurück

Kästorf. Zum Gedenken an fünf Heimkinder, die in der Zeit des Nationalsozialismus zwangssterilisiert wurden, haben Jugendliche und Mitarbeitende der Dachstiftung Diakonie fünf Stolpersteine auf dem Gelände der Diakonie Kästorf verlegt.

Die Stolpersteine, die vor dem ehemaligen Fürsorgeerziehungsheim Rischborn in den Gehweg eingelassen wurden, erinnern an Franz Buda, Wilhelm Fink, Hans Löwenstein, Hermann Neure und Gretus Schütte. Alle fünf galten in der NS-Zeit als vermeintlich erbkrank und wurden gegen ihren Willen sterilisiert.

Nach ihrer Entlassung aus dem Erziehungsheim kämpften die fünf jungen Männer in der Wehrmacht. Hermann Neure überlebte den Krieg nicht und starb 1944 in der Nähe von Riga.

Anlass des Termins war die Stolpersteinverlegung des Künstlers Gunter Demnig am 25. Oktober 2022 in Kästorf, die nicht reibungslos verlief. Wegen zu großer Spaltmaße im Pflaster brach der Künstler seine Arbeit überraschend an der letzten Verlegestelle ab, ließ die fünf Stolpersteine und rund 60 verdutzte Gäste zurück und fuhr weiter nach Bad Gandersheim.

Diakonie-Unternehmenshistoriker Steffen Meyer rettete die Situation und kündigte an, die zurückgelassenen Steine mit Jugendlichen aus der Jugendhilfeeinrichtung selbst zu verlegen. Nach mehrmaligen wetterbedingten Verschiebungen war es nun so weit. Zehn Jugendliche – darunter die Auszubildende Fenja Passekel – schwangen die Kellen, mischten Beton an und ließen die Stolpersteine vorsichtig in den Boden ein.

Die Jugendlichen reinigen ältere Stolpersteine

„Ihr müsst den überschüssigen Beton schnell von den Messingplatten und Gehsteinen abwischen, bevor er hart wird“, drängte der Pädagoge und Leiter des Förderzentrums, Andreas Hübenthal, fachkundig zur Eile. Zusammen mit Teamleiter Sven Landgrebe, Veronika Kin (Freiwilligendienst) und Katharina Gries von der Historischen Kommunikation unterstützte er die Jugendlichen bei ihrer Arbeit.

Fenja (16) bekam von ihrer Chefin eigens für die Verlegung frei und war engagiert dabei: „Ich finde es wichtig, dass wir uns mit unserer Geschichte beschäftigen und an Menschen erinnern, denen es in der Einrichtung nicht gut ging“, sagte die angehende Industriekauffrau.

Nach vollbrachter Tat schwärmten die Teilnehmenden aus, um in Kleingruppen die in den Vorjahren auf dem Gelände eingelassenen neun Stolpersteine zu reinigen, damit die Inschriften wieder gut lesbar sind.

Zu einem Zerwürfnis mit dem Künstler kam es übrigens nicht, wie Steffen Meyer betonte: „Die interne Verlegung erfolgte mit Gunter Demnigs Einverständnis. Er wird im Oktober wieder persönlich nach Kästorf kommen, um zehn weitere Stolpersteine zu verlegen.“

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