Berlin. Die Lungenkrebsvorsorge für Raucher könnte bald von der Kasse übernommen werden. Experten befürworten die Pläne. Wer betroffen ist.

Starke Raucherinnen und Raucher im Alter von 50 bis 75 Jahren können sich künftig womöglich regelmäßig auf Lungenkrebs im Frühstadium untersuchen lassen. Ein entsprechendes Screening steht kurz vor der Zulassung. Unklar ist, ob diese Früherkennung von den gesetzlichen Kassen bezahlt und wie das neue Angebot konkret ausgestaltet wird.

„Es wäre das erste risikobasierte Krebsscreening in Deutschland“, erklärt Monika Lelgemann, Ärztin und Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). In dem nach dem Gesetzgeber höchsten Beschlussorgan des deutschen Gesundheitswesens beraten Expertinnen und Experten aktuell, ob das Lungenkrebsscreening in den Katalog der Kassenleistungen aufgenommen wird.

Sollte eine noch fehlende Verordnung des Bundes in Kraft treten, womit in den kommenden Wochen zu rechnen ist, wäre das Verfahren mittels niedrig dosierter Computertomografie (CT) zugelassen. Der G-BA hätte dann noch höchstens 18 Monate Zeit für seine Entscheidung.

Lungenkrebs: Screening soll sicher und effektiv sein

Die medizinischen Fachgesellschaften aus den Bereichen Pneumologie, Radiologie und Thoraxchirurgie befürworten das Lungenkrebsscreening und sprechen sich unisono für ein nationales Programm aus, vergleichbar mit dem des Brustkrebsscreenings. Darüber hinaus wünschen sie sich einen raschen Beschluss des G-BA, damit die Regeln für das Screening festgeschrieben werden.

Vor wenigen Tagen erst haben die Gesellschaften dazu ein gemeinsames Positionspapier vorgelegt, in dem sie auch ihre Empfehlungen formulieren. „Das so gestaltete Programm wäre effektiv, sicher und kosteneffizient“, sagt einer der Autoren, Pneumologe Professor Torsten Blum.

Konkret soll sich die Früherkennung an Menschen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren richten, die mindestens 25 Jahre rauchen oder deren Rauchstopp weniger als zehn Jahre zurückliegt. Auch Männer und Frauen mit mindestens 15 sogenannten Packungsjahren – gemeint ist der Konsum von einer Packung Zigaretten pro Tag über 15 Jahre hinweg – soll das Screening ermöglicht werden. Den Berechnungen der Fachgesellschaften zufolge träfen diese Kriterien auf rund 3,3 Millionen Männer und 2,2 Millionen Frauen in Deutschland zu.

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    Lungen-Check: Studie hat die wichtigsten Ziele erreicht

    Betroffene könnten sich den Empfehlungen zufolge beispielsweise über Hausarzt oder -ärztin an dem Programm beteiligen und dann von entsprechend geschultem Personal per Computertomografie untersucht werden. Bei Auffälligkeiten empfehlen die Mediziner ein klar geregeltes Verfahren zur Prüfung der Befunde und zur weiteren Behandlung. Die Vorsorgeuntersuchung soll jährlich wiederholt und von einer zentralen Stelle koordiniert werden.

    Dass ein solches Verfahren funktioniere, habe der HANSE-Lungen-Check gezeigt, sagt Radiologe Prof. Jörg Barkhausen im Gespräch mit dieser Redaktion. Der Vize-Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft und Direktor der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein hat diese Studie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen an drei Klinik-Standorten in Norddeutschland durchgeführt. Etwa 5000 Männer und Frauen haben daran teilgenommen.

    Zwar sind Barkhausen zufolge noch nicht alle Studien-Ergebnisse ausgewertet und publiziert, zwei der wichtigsten Ziele aber seien erreicht worden. „Es sollte bei mindestens einem von 100 Patienten ein Lungenkrebstumor im Frühstadium entdeckt und behandelt werden“, sagt Barkhausen. Und: Die Zahl der falsch positiven Befunde sei gering geblieben.

    Experten fordern: Auch die Rauchentwöhnung fördern

    „Die Lungenkrebsfrüherkennung im Rahmen eines gut strukturierten Screening-Programms ist eine der wichtigsten Empfehlungen der vergangenen zehn Jahre im Bereich Lungenkrebs“, sagt Prof. Wolfram Windisch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Aber: In diese organisierte Vorsorge müssten auch verpflichtend Programme zur

    Rauchentwöhnung

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      eingebettet werden. „Deren Zusatznutzen ist klar wissenschaftlich belegt“, so Windisch.

      Neben den medizinischen Aspekten nimmt das Positionspapier auch die Wirtschaftlichkeit in den Blick: „Der Lungenkrebs nimmt jeweils den ersten Rang bei den direkten und indirekten krebsbedingten Gesundheitskosten in Europa ein“, sagt Torsten Blum. „Nach unserer Vorstellung sollen die Krankenkassen die Kosten für das Lungenkrebsscreening tragen. Mehrere gesundheitsökonomische Modelle konnten die Kosteneffektivität von jährlichen niedrig dosierten CT-Screenings nachweisen“, so der Wissenschaftler. Was die Untersuchung pro Patient oder Patientin kosten könnte, darüber macht das Papier keine Angaben.

      Etwa 57.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Lungenkrebs. Nur rund 21 Prozent der Frauen und etwa 15 Prozent der Männer überleben die darauffolgenden fünf Jahre. Bei Männern ist Lungen- nach Prostatakrebs die zweithäufigste, bei Frauen nach Brust- und Darmkrebs die dritthäufigste Krebsneuerkrankung. Zuletzt wurden in Deutschland pro Jahr fast 45.000 Todesfälle durch Lungenkrebs registriert.