Braunschweig. Minister Lies: Ich freue mich schon auf den ersten Spatenstich 2018. Weitere Projekte sollen umgesetzt werden.

Seit Jahrzehnten schon soll der Weiterbau der Autobahn 39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg kommen. Viele Millionen wurden in die Planung investiert, nichts passierte. So realistisch wie jetzt war der Bau aber noch nie.

Das Zauberwort, auf das die Befürworter setzen, ist sperrig und heißt Bundesverkehrswegeplan. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) stellte den Plan im März vor, im August stimmte das Kabinett zu. Die Verkehrspolitiker stuften den Weiterbau der A 39 in den „vordringlichen Bedarf“ ein – die höchste Kategorie. Der Plan listet auf, welche Projekte der Bund bis 2030 in Sachen Autobahnen und Bundesstraßen, Bahnstrecken und Wasserwegen bauen will.

Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) sagte im März euphorisch: „Jetzt ist der Norden dran.“ Der Seitenhieb gegen Dobrindt, der den Süden bisher bevorteilt hatte, saß. „Ich freue mich schon auf den ersten Spatenstich für die A 39.“ Der soll laut Lies 2018 erfolgen, 2022 soll der Weiterbau fertig sein.

Kosten wird der Lückenschluss

1,1 Milliarden Euro. Die Strecke, die gebaut werden soll, ist mehr als 100 Kilometer lang. Das Gebiet zwischen Wolfsburg und Lüneburg zählt zu den größten autobahnfreien Zonen in ganz Deutschland. Bedarf wäre also vorhanden.

Die Verteilungskämpfe sind aber noch längst nicht beendet. Vorrang vor Neubauten bekommt im Bundesverkehrswegeplan der Erhalt der Infrastruktur, für den 69 Prozent der 270 Milliarden Euro bis 2030 reserviert sind.

Neben der SPD will vor allem die Wirtschaft den Weiterbau der A 39. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg, die IHK Braunschweig und auch das Schwergewicht VW wollen den Weiterbau. Der Autokonzern zieht im Hintergrund die Strippen, öffentlich fordert der mächtige VW-Betriebsrat das Verkehrsprojekt.

Die Grünen stemmen sich gegen den Bau. „Bei der Kosten-Nutzen-Bewertung der Autobahnneubauten liegt die A 39 weit hinten“, sagte der Landtagsabgeordnete Gerald Heere. Auch Naturschützer wollen das Verkehrsprojekt noch verhindern, insgesamt 2000 Einwände von Anliegern liegen vor.

Landwirte, die Flächen entlang der geplanten Trasse bewirtschaften, müssten sich auf einiges einstellen. Ihre Anbauflächen würden durchschnitten, sie könnten sogar enteignet werden.

Die Landtags-Grünen gaben im Juli ein von ihnen beauftragtes Gutachten heraus. Tenor: Die Baukosten wurden künstlich heruntergerechnet, die Verkehrsprognosen hochgeschraubt. Lies war entsprechend sauer auf den Koalitionspartner.

Das erste Halbjahr 2017 wird entscheidend sein. Die SPD wird sich wahrscheinlich gegen die Grünen durchsetzen können, bei der Planung wird das Verkehrsministerium aber das Tempo erhöhen müssen, sonst wird es nichts mit dem Baubeginn 2018.

Im Bundesverkehrswegeplan sind indes weitere Projekte mit Bedeutung für unsere Region in der höchsten Kategorie enthalten: Der Ausbau der B 4 zwischen Braunschweig und Gifhorn sowie der Neubau der Schleuse Scharnebeck bei Lüneburg etwa. Die Schleuse ist alt, vor allem zu klein. Sie bindet unsere Region an den Hamburger Hafen an. Durch den 270-Millionen-Neubau wäre der Transport auf den Wasserstraßen für VW und den Stahlkonzern Salzgitter AG deutlich attraktiver. Auch viele mittelständische Unternehmen aus der Region sehnen den Ausbau der Schleuse herbei.

Die B 4 soll zwischen Braunschweig-Nord und Gifhorn ausgebaut werden. Die Strecke soll ab dem Autobahnanschluss an der A 391 pro Fahrtrichtung zwei Spuren erhalten. Kosten: 80 Millionen Euro.