Dem Reiz der wohl bekanntesten deutschen Krimiserie erliegt immer noch ein breites Publikum.

Ich weiß nicht, wie bei Ihnen der Sonntagabend verläuft – unseren erzähle ich gern – vertraulich, versteht sich. Wir läuten den Abend stets mit dem gleichen Ritual ein. Es beginnt mit gutem Essen. Mal erfreuen wir uns an Fisch mit gedünstetem Gemüse, mal duftet das Haus bereits nach würzigem Ratatouille, wenn der Laptop gegen sieben zugeklappt wird. Der Blick wandert dann vom viel zu schnell geleerten Teller zur Wanduhr: Es ist kurz vor acht. Was dann folgt, muss nicht besprochen werden: Das benutzte Geschirr wandert in die Spülmaschine, die Weingläser werden gefüllt und eine Flasche Wasser steht bereit. Mein Mann schleicht dann unauffällig zu einer bestimmten Küchenschublade. Sie ahnen es schon, haben vielleicht sogar selbst so eine – es ist die Süßigkeitenschublade.

Bei uns ist diese nie randvoll gefüllt mit Pralinen, Keksen und Co., aber ab und an versteckt sich dort schon eine Tafel Trauben-Nuss. Mit dieser Beute geht es danach ab ins Wohnzimmer. Die Sonntagstradition hat gleich zwei Melodien: Da wäre der längst verinnerlichte Gong der Tagesschau und die bekannten Gesichter von Hofer, Zervakis und Co. „Guten Abend, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur Tagesschau.“ Dann folgen 15 Minuten weniger Gutes, viel Schlechtes und der unvermeidliche Sport. Das ist doch jeden Abend so, mögen Sie jetzt denken. Richtig! Doch was dann folgt, ist für uns typisch Sonntag – Tatort-Zeit. Es erklingt diese Melodie, bei der ich jeden auch nur um eine Oktave abweichenden Ton identifizieren würde, während die Augen des Mannes, die seit 50 Jahren den Tatort einleiten, mich nach wir vor einfangen. Nahezu alle – Tatort-Fans oder Leidenschaftslose – haben eine Meinung dazu, ob der pedantische Jan Josef Liefers in der Rolle des Professors Karl-Friedrich Boerne nun zum Brüllen komisch oder richtig nervig ist. Kein Landsmann wünscht Ballauf und Schenk nicht den Sieg über die köllsche Kriminalität oder fiebert mit, ob sich Faber und Bönisch nun endlich doch näherkommen. Man mag von den oft abwegigen und konstruierten Fällen, die so gar nichts mit deutschem Alltag zu tun haben, halten, was man will. Dem Reiz der wohl bekanntesten deutschen Krimiserie erliegt immer noch ein breites Publikum.