Braunschweig. Vincent Kühne hat 14 Jahre Cannabis angebaut. Nach der Legalisierung darf er nun wieder loslegen und erklärt, wie es geht.

„Ich habe der Cannabis-Pflanze einfach so viel zu verdanken“, sagt Vincent Kühne in unserem Braunschweig-Podcast „Yes BS“. Der 41-jährige Braunschweiger betreibt hauptberuflich einen Youtube-Kanal namens „Vince and Weed“, auf dem er über Cannabis aufklärt. Er spricht nicht nur über die Risiken und Arten des Konsums, sondern auch darüber, wie sich die Pflanze zu Hause anbauen lässt.

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Dankbar sei er der Pflanze, wegen seiner Begeisterung für sie: Erst durch die intensive Beschäftigung mit Cannabis habe Kühne viele Konzepte der Naturwissenschaft durchdrungen: „Ich weiß jetzt, was das Mendelsche Gesetz ist, woraus überhaupt Licht besteht, wie UV-Strahlung auf Pflanzen wirkt“, sagt Kühne.

Sein Wissen wandte er in der Praxis an: „Ich verfüge über 14 Jahre Erfahrung im Anbau von Cannabis“, erzählt er. Bis 2017 baute Kühne illegal Cannabis an, bis er für eine Firma Webvideos zum Thema produzierte und das „growen“, wie der Anbau in der Szene genannt wird, an den Nagel hing. Nachdem durch die Teillegalisierung von Cannabis nun jeder bis zu drei Pflanzen bei sich zu Hause in geschützter Umgebung anbauen darf und der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis legal ist, hat Kühne seine alte Ausrüstung reaktiviert.

Braunschweiger Cannabis-Youtuber: So funktioniert der Anbau drinnen und draußen

Aufgrund einer Cannabis-Pflanze aus Pappmaché musste sich der Braunschweiger Kühne bei einer Legalisierungsdemo in Berlin von der Polizei kontrollieren lassen.
Aufgrund einer Cannabis-Pflanze aus Pappmaché musste sich der Braunschweiger Kühne bei einer Legalisierungsdemo in Berlin von der Polizei kontrollieren lassen. © vinceandweed | Vincent Kühne

Seine drei Samen hat er bereits angepflanzt. In der Wohnung nutzt er dafür ein „Grow-Zelt“, das wie ein Steckschrank aus Gerüst und Zeltstoff besteht. Neben der Pflanze sind in dem Zelt ein Umluftventilator, speziell einstellbare Lampen und ein Filter eingebaut. Gerade der Filter ist wichtig: „Die Pflanze entwickelt einen dermaßen starken Geruch – das wäre selbst mir als Cannabis-Enthusiasten in der Wohnung zu viel ohne Filter“, sagt Kühne. Mit dem Licht simuliert Kühne im Zelt einen Tag/Nacht-Rhythmus. Denn etwa feminisierte, also weibliche Pflanzen sind, wie Kühne erklärt, „photoperiodisch“, fangen in der Natur also an zu blühen, wenn die Tage kürzer werden. Anschaffung und Betrieb der Ausrüstung sind jedoch teuer. Bis zu 350 Euro kommen dabei zusammen. Hinzu kommen monatliche Stromkosten von etwa 10 bis 30 Euro.

Draußen sei der Anbau denkbar einfacher: „Man braucht im Prinzip nur einen Topf, Erde, Dünger und alle paar Tage etwas Wasser.“ Am besten geeignet sei ein Südbalkon mit viel Sonne, dann wachse die Pflanze wie Unkraut. Laut den gesetzlichen Bestimmungen müssen die Pflanzen vor Zugriffen Dritter geschützt sein. Aus Sicht von Kühne ist das etwa bei einem abschließbaren Gewächshaus oder einem abgeschlossenen Zaun um den Garten gegeben. „Man müsste dann ja einbrechen, um die Pflanzen zu stehlen.“ Er rechnet jedoch damit, dass es wegen der Kosten zu Cannabis-Diebstählen kommen werde.

Vincent Kühne in einem „Cannabis Social Club“ in Spanien mit einer Bong und einem Flammbiergerät.
Vincent Kühne in einem „Cannabis Social Club“ in Spanien mit einer Bong und einem Flammbiergerät. © vinceandweed | Vincent Kühne

„Der Akt des Anbauens hat für mich etwas Therapeutisches: Jeden Tag zu gießen und den Pflanzen beim Wachsen zuzuschauen, ist für mich eine meditative Tätigkeit“, sagt Kühne. Vom Samen zum konsumierbaren Cannabis dauere es etwa vier Monate. Denn nachdem die Pflanze gewachsen ist, muss sie noch Monate trocknen.

Braunschweiger Cannabis-Youtuber: Viele Mythen über die Wirkung von Gras im Umlauf

Legal kiffen darf Kühne bereits seit einiger Zeit: Als ADHS-Patient hat er medizinisches Cannabis verschrieben bekommen. ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. „Es lässt mich eine normale Ruhe fühlen.“ Dennoch warnt er vor den Gefahren: Cannabis dürfe niemals missbraucht werden, um Probleme zu kompensieren. Über den verbotenen Konsum bei Jugendlichen sagt er selbstkritisch: „Ich habe viel zu früh angefangen.“ Laut Bundesgesundheitsministerium kann Kiffen bei Jugendlichen zur Störung der Hirnentwicklung und schlechteren Leistungen in der Schule führen. Auch bei Erwachsenen könne der dauerhafte Konsum bei Menschen mit Vorerkrankungen oder Anfälligkeit zu Depressionen und Psychosen führen. Kühne sagt, er kiffe ausschließlich nach getaner Arbeit. „Produktivität und Kiffen verträgt sich nicht.“

Vincent Kühne (vince and weed) im Braunschweig-Podcast „Yes BS“ mit Redakteur Joschka Büchs. Die Folge gibt es in der E-Paper-App, auf unserer Webseite, bei Spotify und Apple Podcasts
Vincent Kühne (vince and weed) im Braunschweig-Podcast „Yes BS“ mit Redakteur Joschka Büchs. Die Folge gibt es in der E-Paper-App, auf unserer Webseite, bei Spotify und Apple Podcasts © FMN | Florian Kleinschmidt

Durch die Illegalität gebe es in der Szene viele Mythen um die Wirkung von Cannabis. Falsch seien etwa Unterscheidungen zwischen der Wirkung von Sativa- und Indica-Sorten. Während Sativa-Sorten auf der Straße eine belebende Wirkung zugeschrieben wird, ist bei Indica-Sorten von einer beruhigenden bis schläfrig machenden Wirkung die Rede. „Das ist Quatsch“, sagt Kühne. Die Wirkung hänge vor allem mit der Zusammensetzung der Wirkstoffe Tetrahydrocannabinol, kurz THC, und Cannabidiol, kurz CBD, in Zusammenhang mit den Aromastoffen der Pflanze zusammen. THC ist für das „high“ verantwortlich, während „CBD“ nicht berauschend wirkt, sondern angeblich beruhigend, was jedoch nicht durch Studien belegt ist.

Durch die illegalen Züchtungen gebe es mittlerweile über 33.000 Sorten Cannabis, die sich vor allem durch ihren Geschmack unterscheiden sollen, so Kühne. Das liege daran, dass die Pflanze Gerüche imitieren kann, wodurch sich lustige Namen wie „Blueberry Yum Yum“, „Cookie Kush“ oder „Lemon Haze“ ergeben. Laut Kühne gibt es sogar Sorten, die nach Tankstelle riechen, sogenannte „gasy seeds“.

Welche Erfahrungen Kühne mit Cannabis gemacht hat, wie er die Cannabis-Clubs betrachtet und was das Ziel seiner eigenen Anbauvereinigung wäre, hören Sie im Podcast „Yes BS“, ab Freitag in der E-Paper-App, auf unserer Webseite, auf Spotify und Apple-Podcasts.