Braunschweig. Ein Besuch auf Station beim Braunschweiger Neujahrsbaby 2024 und seiner Familie.

„Wir müssen vor Hoffnung verrückt sein“, singt Wolf Biermann in seinem „Willkommenslied für Marie“, und wir singen hier auf Station in der Frauenklinik an der Celler Straße jetzt mal das Willkommenslied für Lamar.

Dass wir dich warfen in diese Welt, Lamar, du dunkle Sonne, heißt es in dem Lied, nun von uns ja etwas abgewandelt, übrigens ein wunderschöner Name. Lamar steht im Arabischen für Licht und Gold in einem besonderen Glanz, wogende Lichtwellen, das passt ja nun wirklich zum Braunschweiger Neujahrsbaby 2024.

Schlaf ein, du Dickmadonne, schlaf ein mit einem hellen Traum von Milch und nassen Küssen. Auch das stimmt ja nun wieder, ab und zu seufzend und schmatzend träumt sie ansonsten ihren schönen Traum von dem einzigen, was sie grad interessiert. Du wirst noch bald genug aus deiner Wiege steigen müssen.

Flucht aus Syrien vor dem mörderischen Bürgerkrieg

Nicht aber jetzt, nicht an diesem Tag auf Station nach prächtig geglückter Geburt, und Schluss nun auch mit einem schönen Lied, das im weiteren auch noch davon künden wird, was in dieser interessanten Welt sonst noch so los ist (Um deine Wiege drumherum wuchern die Waffenwälder), und natürlich müssen wir jetzt, da sie so schön schläft, mit Mama Rama und Papa Mohamad auch mal über Syrien reden.

Da kommen sie her, von da sind sie geflohen, nach Deutschland vor sieben Jahren und zehn Monaten, dann nach Magdeburg, schließlich nach Braunschweig vor vier Jahren. Geflohen vor einem mörderischen Bürgerkrieg mit internationaler Verheerung statt Schlichtung, ein schmutziges Morden, das in seinem zynischen Kalkül alle Züge jener Entwicklungen trägt, die uns bis in die letzten Tage und gewiss auch noch 2024 so stark belasten.

Vielleicht sind unsere Gedanken ein wenig zu düster am ersten Tag dieses Jahres, aber wir müssen vor Hoffnung verrückt sein. Wie Rama (28) und Mohamad (38), die ja mit Hamse (5) und Omar (10) schon zwei Jungs haben. Wie sie wird auch Lamar, das freut uns, in einer heilen Welt aufwachsen, in Braunschweig, wo grad keine Bomben fallen. Wie ist das denn nun mit einer neuen Schwester? „Cool“, sagt Omar, die Sprache ist für einen wie ihn kein Problem, in der Grundschule Ilmenaustraße kommt er gut mit. Ingenieure sollen die Jungs mal werden.

Endlich ein Mädchen - das war der Herzenswunsch

Aber nun zurück zum Neujahrsbaby. Endlich ein Mädchen! Das sagen nicht wir, das sagt die Mama, schließlich war das ihr Herzenswunsch. Rama ist glücklich, so glücklich, wie es Mütter wenige Stunden nach der Entbindung sind. Ihr sehnlicher Wunsch ging in Erfüllung. Sie backt gern, kocht, malt, Natur und Landschaften. Und dann sind da natürlich die Kinder, jetzt auch Lamar, die Schöne. Sie soll mal Künstlerin werden, sagt Rama.

Fotografiert möchte sie übrigens nicht werden, falls sich das grad jemand fragt. Keine Frage, das ist ja schon schön genug, dass wir da einfach so hineinspazieren können, alles ausfragen, aufschreiben und die Kinder fotografieren. So ist das in der heilen Welt. Und bleibt hoffentlich noch lange. Mohamad ist übrigens ein Kollege aus der Druckbranche, seit mehr als zwei Jahren tätig bei STS im Druckzentrum Braunschweig. So soll das sein. Der Mann, in Syrien hat er Schneider gelernt, spricht perfekt Deutsch, er ist der Lotse für diese Familie. Wir müssen vor Hoffnung verrückt sein.

Wo liegt ihre Zukunft? Sie sagen beide: Danke an Braunschweig, an die Klinik, an die Hebammen. In dieser Stadt ist alles freundlich und angenehm, sagen sie. Alles ist gut an so einem Tag. Manche Leute sind hier auch komisch. Aber das gibt’s überall.

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Sie sagt gleich, sie möchten gern zurück nach Syrien, nach dem Krieg. Ihre Eltern leben in Jordanien, auch geflüchtet. Eben hat man ihnen am Handy die gute Nachricht übermittelt. Sie haben gerade von Lamar erfahren, dieser dunklen Sonne aus Licht und Gold, und es gab Tränen. Was heißt übrigens Wunder auf Arabisch, möchte ich gern wissen. Wir fragen den Google Übersetzer. Wunder – Ajab. Ein Wunder – Eajab. Neujahrsbaby 2024, genieß deinen süßen Traum. Du wirst noch bald genug aus deiner Wiege steigen dürfen.