Braunschweig. Die 116 117 ist die zentrale Nummer: Anrufer werden nach medizinischer Ersteinschätzung weitergeleitet.

Was tun, wenn die Arztpraxis im Krankheitsfall geschlossen ist? Geht es um Leben und Tod, das ist bekannt, ist unter Telefon 112 der Rettungsdienst zu rufen. Aber was, wenn es im Hals kratzt, eine steigende Fieberkurve beunruhigt oder sich eine kleinere Wunde entzündet hat? Sprich: Wenn Beschwerden plagen, für die normalerweise der Hausarzt der richtige Ansprechpartner wäre, der aber abends oder an den Feiertagen seine Praxis geschlossen hat? Darauf gibt die Kassenärztliche Vereinigung ein klare Antwort: Diese Patienten mögen die Telefonnummer 116117 wählen. Je nach medizinischer Ersteinschätzung würden sie weitervermittelt.

Patienten werden über die 116117 zentral gesteuert

Die Nummer sei das zentrale Steuerungsinstrument eines vor zwei Jahren neu aufgestellten Bereitschaftsdienstes, erklärt Stefan Hofmann, Geschäftsführer der für die Region zuständigen Bezirksstelle Braunschweig der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). Die KV organisiert den Ärztlichen Bereitschaftsdienst, den niedergelassene Ärztinnen und Ärzte im Wechsel sicherstellen. Ziel sei, die Belastungen im Bereitschaftsdienst zwischen Stadt und Land auszugleichen und so die Niederlassung in ländlichen Gebieten für Mediziner attraktiver zu machen.

Die KV hat eine neue Struktur aus Bereitschaftsdienstpraxen, Hausbesuchen, telefonischer Beratung und demnächst auch Videosprechstunden geschaffen. In Zeiten, in denen, wie Auswertungen zeigten, wenige Patienten in die Bereitschaftsdienstpraxis kämen, seien Öffnungszeiten regional vereinheitlicht und durch einen Fahrdiensteinsatz optimiert worden, informiert Stefan Hofmann. Denn Analysen von Patientenaufkommen hätten gezeigt, dass die bis dahin spät abends regelmäßig geöffneten acht Bereitschaftsdienstpraxen montags, dienstags und donnerstags kaum frequentiert worden seien, dafür verstärkt mittwochs und vor allem an Wochenenden.

Massiver Mangel an Ärzten und Medizinischen Fachangestellten

Statt also bei geringer Nachfrage in den acht Bereitschaftsdienstpraxen der Region acht Ärzte mit ohnehin knappem Personal zu binden, ersetzen fahrende Ärzte durch Hausbesuche den Praxisbetrieb. Sie sind in der Region landkreisübergreifend unterwegs. Sieben Fahrzeuge gebe es im Verbund, erläutert Hofmann. Drei bis sieben seien je nach Bedarf in der gesamten Region im Einsatz.

Hintergrund der Umstrukturierung sei auch der massive Mangel an Ärzten und Medizinischen Fachangestellten. Daher appelliert Hofmann an die Mitverantwortung der Bevölkerung, sich außerhalb der Sprechzeiten der niedergelassenen Praxen über Telefon 116117 weitervermitteln zu lassen, wenn die Behandlung nicht bis zum nächsten Tag warten kann. Auswertungen zeigen: Samstags erreicht die Zahl der Anrufe den wöchentlichen Spitzenwert.

So ist der Ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung im Bezirk Braunschweig organisiert.  Über die Nummer 116117 werden Patienten bei Anruf zentral gesteuert.
So ist der Ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung im Bezirk Braunschweig organisiert. Über die Nummer 116117 werden Patienten bei Anruf zentral gesteuert.

Die wichtigsten Antworten im Überblick:

Bereitschaftsdienst ist regional:

Der ärztliche Bereitschaftsdienst für die rund 1,1 Millionen Einwohner der Region ist seit 2021 einheitlich organisiert. Zum „Bereitschaftsdienstbereich Raumordnungsregion Braunschweig“ gehören die Städte Braunschweig, Wolfsburg, Salzgitter und die Landkreise, Gifhorn, Goslar, Peine, Wolfenbüttel und Helmstedt.

Anruf unter 116117:

Die Telefonnummer 116117 ist die zentrale Anlaufstelle für Patienten – rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche. Hier erreichen sie nicht nur den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, sondern auch die Terminservicestelle der KVN.

Bei gesundheitlichen Beschwerden stellen medizinisch geschulte Mitarbeiterinnen mithilfe eines standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens (SmED) fest, wie dringlich eine Behandlung ist und wohin sich der Patient wenden kann. Dies könne ein niedergelassener Facharzt, eine Bereitschaftsdienstpraxis oder auch die Notaufnahme eines Krankenhauses sein, so Stefan Hofmann. In Notfällen werde unmittelbar der Rettungsdienst eingeschaltet.

Weitere Informationen zum Patientenservice 116117 erhalten Patienten im Internet unter https://www.116117.de/de/index.php

Bereitschaftsdienstpraxen an Krankenhäusern:

Weiterhin gibt es acht KV-Bereitschaftsdienstpraxen an Krankenhäusern in Braunschweig (Städtisches Klinikum Salzdahlumer Straße), Gifhorn (HELIOS-Klinikum), Goslar (Asklepios Krankenhaus), Helmstedt (HELIOS-Klinikum St. Marienberg), Peine (Klinikum Peine), Salzgitter-Lebenstedt (HELIOS-Klinikum Salzgitter), Wolfenbüttel (Städtisches Klinikum) und Wolfsburg (Städtisches. Klinikum). Patienten sollen sich auch hier vorab über die 116117 informieren.

Öffnungszeiten der Bereitschaftsdienstpraxen:

Die Öffnungszeiten der Bereitschaftsdienstpraxen sind einheitlich: samstags, sonntags und an Feiertagen sowie Heiligabend und Silvester von 10 bis 18 Uhr. Mittwochs und freitags verstärken die Bereitschaftsdienstpraxen in Braunschweig, Salzgitter-Lebenstedt und Wolfsburg als Schwerpunktpraxen zwischen 15 und 20 Uhr die ambulante Regelversorgung.

Flexibler Fahrdienst:

Darüber hinaus werden zur ambulanten Versorgung außerhalb der Sprechzeiten im Bereitschaftsdienstbereich bis zu 7 mit einem Arzt oder einer Ärztin besetzte Fahrzeuge von sechs Standorten aus für Hausbesuche eingesetzt. Zu Zeiten mit geringer Hausbesuchsanforderung reduziert sich der Fahrdiensteinsatz laut Hofmann auf drei Ärzte plus Fahrer. Eine eigene Dispositionszentrale steuert die Fahrdienste je nach Bedarf über kommunale Gebietsgrenzen hinweg. Über die Reihenfolge der Hausbesuche entscheidet die Dringlichkeit. Triagiert wird nach medizinischer Ersteinschätzung.

Videosprechstunde im Bereitschaftsdienst

Nach erfolgreichen Modellversuchen in der Bezirksstelle Braunschweig wird die KVN, wie Hofmann mitteilt, möglichst noch vor Weihnachten eine Telefon- und Videosprechstunde im Bereitschaftsdienst einführen. Auch in diesem Fall wählen Patienten zuerst die 116117 und können von dort aus je nach Ersteinschätzung an die Telefon- oder Videosprechstunden weitergeleitet werden.

Kinderärztlicher Bereitschaftsdienst:

Die drei kinderärztlichen Bereitschaftsdienstpraxen der Region sind an die Kinderkliniken der Krankenhäuser in Braunschweig (Städtisches Klinikum Salzdahlumer Straße), Wolfsburg (Städtisches Klinikum) und Salzgitter (Helios Klinikum) angegliedert. Laut Stefan Hofmann übernehmen wochentags außerhalb der Sprechzeiten der niedergelassenen Kinderarztpraxen von 20 bis 22 Uhr die Kliniken den Bereitschaftsdienst, an den Wochenenden und am Mittwoch nur in Braunschweig leisten niedergelassene Kinderärzte dort Dienst.

Augenärztlicher Bereitschaftsdienst:

Den einzigen augenärztlichen Bereitschaftsdienst der niedergelassenen Augenärzte für die Region gibt es am Städtischen Klinikum Braunschweig, Standort Salzdahlumer Straße, ebenfalls über die 116117 erreichbar.