Braunschweig. Der Direktor kehrt Braunschweig nach drei Jahren den Rücken und wechselt nach Köln. Hier zieht Andreas Neininger im Interview Bilanz.

Andreas Neininger (38), seit Oktober 2020 Direktor des Steigenberger-Hotels im Bürgerpark mit 180 Zimmern und 365 Betten (4-Sterne superior), verlässt Braunschweig zum Jahresende.

Der gebürtige Schwabe wechselt nach Köln, wo er auf der Hoteldirektor-Karriereleiter den nächsten Schritt unternimmt und bei der Betreibergesellschaft Event-Hotels (Mercure, Radisson, The Westin etc.) die Rolle des Director of Operations übernimmt und die Hotels des Eigentümers in Köln, Düsseldorf, Dortmund, Bochum, Hannover und weiteren Städten quasi als Chef der jeweiligen Chefs leitet.

Neininger war und ist in der Braunschweiger Stadtgesellschaft gut vernetzt, ein Ratgeber und Gesprächspartner, gern auch in der Rolle des Helfenden, Sponsors und Brückenbauers unterwegs.

Die Weihnachtstafel der Braunschweiger Baugenossenschaft, der Baugenossenschaft Wiederaufbau und der PSD-Bank für Bedürftige in der Steigenberger-Maschinenhalle fand ebenso seine Unterstützung wie der Support für sportliche Großveranstaltungen im Fußball, Basketball, Tennis, Tanzen, Reitsport und mehr. Frierende Flüchtlinge aus der Ukraine wurden mit Zimmern unterstützt, im Bahnhof auf der Durchreise verpflegt.

Ein Mann, dessen Expertise und Wort im Ausschuss Tourismus Braunschweig (ATB) galt und gilt. Wir sprechen mit Andreas Neininger im Interview.

Oft spricht man ja von einem lachenden und einem weinenden Auge, was anatomisch nicht möglich ist. Mit welchen Gefühlen verlassen Sie Braunschweig?

Mit durchweg positiven Gefühlen! Ich habe in Braunschweig sehr gut Fuß gefasst, ein sehr großes Netzwerk sowohl beruflich als auch freundschaftlich aufgebaut. Ich konnte das Hotel erfolgreich aus der Corona-Pandemie herausführen, aus der Krise holen und zukunftsfähig aufstellen. Es waren drei unglaublich erfolgreiche Jahre. Ja, und trotzdem gibt‘s da natürlich auch ein weinendes Auge: Man lässt halt vieles und viele zurück.

Was war das Schwierigste?

Es galt, nach den Lockdowns in der Pandemie wieder von vorn anzufangen, das Hotel zu öffnen. Das Team zurückzuholen, es wieder aufzubauen, zu entwickeln. Dann die enorm gestiegenen Kostenstrukturen in allen Bereichen aufzufangen, die betriebswirtschaftliche Basis zu sichern. Dies alles musste und muss ja auch strategisch vorausschauend geschehen.

Nicht nur das Steigenberger stand vor dieser Herausforderung. Welches Rezept ist das Richtige?

Hier sage ich ganz klar: Positiv zu sein, mit neuen Ideen und Zuversicht ranzugehen! Klar ist das schwer. Wenn ich nur an das nächste Jahr denke, wenn die Mehrwertsteuer wieder auf den alten Wert angehoben wird. Das sind jedoch Dinge, die man nicht ändern kann, sie kommen von außen, sind nicht selbstverschuldet. Ich sage: Also muss man mit Ideen und Anpassung rangehen, braucht positiven Mut.

Starkes Engagement in der Stadt: Andreas Neininger (links), hier mit (von links) Bernd Assert (Braunschweiger Tafel), Karin Stemmer (Braunschweiger Baugenossenschaft), Carsten Graf (PSD Bank) und Heinz-Joachim Westphal (Baugenossenschaft Wiederaufbau).
Starkes Engagement in der Stadt: Andreas Neininger (links), hier mit (von links) Bernd Assert (Braunschweiger Tafel), Karin Stemmer (Braunschweiger Baugenossenschaft), Carsten Graf (PSD Bank) und Heinz-Joachim Westphal (Baugenossenschaft Wiederaufbau). © Braunschweiger Baugenossenschaft eG / Philipp Ziebart | Braunschweiger Baugenossenschaft eG / Philipp Ziebart

Wie blicken Sie in Braunschweig auf die Stadt und die Stadtgesellschaft zurück?

Bis vor drei Jahren, ich muss es gestehen, kannte ich Braunschweig nicht wirklich. Die Stadt ist eindrucksvoll geprägt durch Kultur, Sport und Wissenschaft. Eine historische Altstadt, tolle Gebäude. Was ich besonders positiv erinnere, das ist der sehr große Zusammenhalt in der Stadt. Das Gemeinschaftsgefühl ist hier ganz groß, und das habe ich zu schätzen gelernt. Braunschweig als Stadt und touristische Ausflugs-Destination, als Platz in der Mitte Deutschlands für große Meetings oder Business-Events, birgt ein unfassbares Potenzial. Das muss jedoch und mehr und immer mehr auch selbstbewusst nach außen getragen werden.

Es steht einiges in Braunschweig bevor, die Sanierung der Stadthalle, anvisiert wird der Bau einer Konzerthalle. Der Kurs, mit nationaler und internationaler Sichtbarkeit Magnetwirkung zu erzielen, müsste nach Ihrer Auffassung wohl fortgesetzt beziehungsweise konsequent betrieben werden.

Genau – und zwar schleunigst. Es wäre unfassbar wichtig, wenn ein Leuchtturm wie die Konzerthalle in die Stadt käme. Aber man muss auch Projekte zeitnah, in einem planbaren, erreichbaren Horizont dann auch konsequent umsetzen.

Über der Innenstadt liegen die dunklen Schatten der Leerstände, vielleicht auch schon bald wieder über dem letzten verbliebenen Karstadt-Haus. Was sagen Sie?

Als ich kam, war es ja schon so, ich kenn‘ es nicht anders. Wenn man in diesen Tagen über den faszinierenden Braunschweiger Weihnachtsmarkt geht, dann ist er proppevoll. Die Autoströme, die Menschenströme, die es in die Innenstadt zieht, man sieht: Braunschweig birgt doch ein extrem großes Potenzial. Viele Menschen kommen nach Braunschweig, es zieht sie an, diese Innenstadt lebt! Wenn man es jetzt noch schafft, Disproportionalitäten, Sortimente und Potenziale im Bereich des Handels anzupassen, dann ist es mir um diese City nicht bange. Ich sage: Machen, anpacken, nicht jammern. Dann geht das.

Es gab schon auch Konflikte in Ihrer Zeit. Beinahe hätten nach einem verlorenen Heimspiel ja mal einige sogenannte Fußballfans Ihr Hotel gestürmt ...

Ach, wissen Sie, die positiven Dinge überwiegen für mich ganz klar. Für mich ist etwas anderes entscheidend, und das ist mir von Herzen wichtig: Der Verein Eintracht Braunschweig hat mir damals mit dem Quarantäne-Trainingslager in der Pandemie ermöglicht, meinen Betrieb wieder hochzufahren. Seitdem habe ich zur Eintracht eine enge Beziehung, und das wird auch so bleiben. Gleiches gilt für die Basketball-Löwen. Tennis-ATP und mehr, was auch immer – der Sport hat stets eine besondere Bedeutung für mich.

Was ist Ihnen persönlich das Wichtigste?

Ich möchte Danke sagen. Ich habe mich hier saumäßig wohl gefühlt. Tolle Menschen, tolle Stadtgesellschaft, tolle Stadt. So viel Potenzial. Das gilt es weiterhin in die Welt hinauszutragen, um viele Menschen nach Braunschweig zu holen und sie glücklich zu machen. Und gern trage ich auch noch dazu bei.