Braunschweig. Sind es Verschwörungs-Schwurbler? Sind es Unzufriedene? Erkundungen bei „Friedlich & Vereint“.

Normalerweise stellt man sich eine Friedensdemo so vor: Parteien, Organisationen und Initiativen von der Mitte bis ganz links sind vertreten, es wehen rote Fahnen und solche in Regenbogenfarben. „Frieden schaffen ohne Waffen“ und „Stellt euch vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ sind gängige Parolen. Und das Symbol ist die Friedenstaube in der Gestaltung der internationalen Friedensbewegung.

„Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin! Stell dir vor, es gibt eine Friedensdemo und du bist dabei!“

Diesmal ist vieles anders – und die „reguläre Friedensbewegung“ beobachtet diese Friedensdemonstration sogar mit besonderem Argwohn. Dabei klingen die Parolen ganz ähnlich: Frieden! in allen Sprachen, Varianten und Schriftweisen. „Friedlich & Vereint“ nennt sich dieses Sammelbecken Unzufriedener, das am Samstag mit mehr als 100 Nationalflaggen der Welt durch die Braunschweiger Innenstadt zog und großes Aufsehen erweckte.

Dazu trug vor allem ein martialisches Trommelkonzert bei, das weithin hörbar den Zug anführte. Im Vorfeld hatte man um möglichst viele Trommler geworben Offizieller Einladungstext: „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin! Stell dir vor, es gibt eine Friedensdemo und du bist dabei!“

Was ist das? Es handelt sich um jene Kräfte, Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus dem „Montagsdemonstrationen“ und „Spaziergängen“ in der Corona-Zeit hervorgegangen sind. Die Brennpunkte, an denen sich eine buntscheckige, themenzerklüftete Truppe reibt, die nur schwer zu fassen und zu beschreiben ist, sind nicht weniger geworden. Immer aber ist es ein finsterer Staat, der seine freiheitsliebenden Bürger zunehmend unterdrückt. Vergessen wird dabei, dass es sich um die freiheitliche Demokratie handelt, die auch „Friedlich & Vereint“ beschützt und gewähren lässt.

Zum quälenden Verdruss über Impfungen und Maskenpflicht ist jetzt ein großes Thema hinzugekommen: Angst vor Krieg. „Ami go home!“, skandieren sie vorn. Es ist die Theorie, US-amerikanischer Imperialismus sei verantwortlich für den Krieg in der Ukraine. Verbunden mit der Forderung, die Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen.

„Gemeinsam setzen wir ein Zeichen für Frieden, Freiheit und Völkerverständigung!“, heißt es in der Einladung. Wie zum Beweis flattern alle Nationalfarben dieser Welt im Braunschweiger Wind. War da was? Schon wird in einem Forum, das diese Demo kritisch begleitet, ein schwarz-weiß-rotes Reichsbürger-Abzeichen bei einem Teilnehmer am Revers entdeckt und sofort dokumentiert. Man muss schon genau hinschauen.

Sie stehen bei „Friedlich & Vereint“ permanent unter Beobachtung: Laufen da auch Rechtsradikale mit?

Sie stehen permanent unter Beobachtung: Laufen da Rechtsradikale mit? Wir fragen bei Volker Stecher nach, einem der Organisatoren von „Friedlich & Vereint“. Das lasse sich nicht ausschließen, sagt er, aber sie hätten Regeln. Und wer gegen diese verstoße, könne nicht dabei sein. Es gehe ihnen darum, friedlich Kritik an der herrschenden Politik auszudrücken. So sei es kein Zufall, dass keine Fahnen und Parolen rechtsradikaler Parteien zu sehen seien. Man achte darauf, dass das so sei.

Und, einmal dabei, sagt Stecher auch, dass es nicht um ein Sammelbecken von Unzufriedenen gehe, schon gar nicht um Verschwörungstheorien und Schwurbeleien, sondern um Kritik. Man lege dabei Wert darauf, die eigenen Themen selbst festlegen zu können – und sie sich nicht von anderen oder gar der Presse diktieren zu lassen.

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Schon klar, wissen sie auch bei „Friedlich & Vereint“, laufen da auch Leute mit, bei denen du nicht für jedes Wort die Hand ins Feuer legen kannst. Aber auch die dürften dabei sein, „wenn sie sich an die Regeln halten“.

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