Braunschweig. Am Volkstrauertag kommen die Kinder und Kindeskinder der Zeitzeugen zu Wort: Bewegende Worte in der Dornse des Altstadtrathauses.

Plötzlich ist der Krieg wieder ganz nah, zeigen die Nachrichten täglich Bilder von Elend und Leid, Hass und Gewalt in Europa, in der Ukraine. An die Opfer aller Kriege und damit auch an die Opfer des Krieges in der Ukraine wurde am gestrigen Volkstrauertag in der Dornse des Altstadtrathauses gedacht.

„Da Gewalt ein wesentlicher Charakterzug des Menschseins ist, wird es immer Kriege geben.“ Diesen Satz hatte einst der Urgroßvater von Astrid Celle in sein Kriegstagebuch geschrieben. Astrid ist Schülerin der Gaußschule, ihr Urgroßvater war Franzose und kämpfte im Zweiten Weltkrieg gegen die Deutschen. Zusammen mit vier weiteren Schülerinnen des Gymnasiums, darunter ein Mädchen aus der Ukraine, nahm Astrid Celle an der Gedenkstunde zum Volkstrauertag in der Dornse des Altstadtrathauses teil und berichtete aus ihrer ganz persönlichen Familiengeschichte.

Einst kämpften die Urgroßväter im Krieg gegeneinander

Der Vater der Schülerin ist Franzose, ihre Mutter ist Deutsche: „In zahlreichen Kriegen standen sich diese beiden Nationen feindlich gegenüber.“ Zwei ihrer Urgroßväter seien 1939 eingezogen worden, um im Krieg gegeneinander zu kämpfen: „Wieder einmal mussten Ehemänner, Väter, Brüder und Söhne ihre Familien verlassen, um andere Ehemänner, Väter, Brüder und Söhne umzubringen.“

Walter-Johannes Herrmann, Bezirksvorsitzender beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, dankte den Schülerinnen für ihren Beitrag. Es sei ermutigend, dass die nachwachsende Generation bereit sei, „Verantwortung für die Bewahrung eines kollektiven Gedenkens zu übernehmen“.

Eine bewegende Festrede hielt auch Kerstin Loehr, Chefredakteurin unserer Zeitung. Nachzulesen ist ihre Rede „Ein Schmerz, der nicht heilen kann“ in voller Länge hier.

„Noch immer ruhen nicht alle Getöteten in einem würdigen Grab“

Herrmann betonte in seiner Rede: „Auch 77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ruhen noch immer nicht alle Getöteten in einem würdigen Grab, sind noch immer nicht alle Schicksale aufgeklärt.“ Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge pflege im Auftrag der Bundesrepublik 832 Kriegsgräberstätten für die Toten beider Weltkriege: „Wir suchen und finden auch heute noch Gebeine von Kriegsopfern, klären Schicksale, geben letzte Gewissheit und eine würdige Ruhestätte.“

Frieden sei nicht selbstverständlich. Er werde immer wieder gefährdet und könne nur durch aktives Eintreten bewahrt werden, so Herrmann: „Die Überwindung von Nationalismus und Rassismus, von Hass und Intoleranz, von Unterdrückung und Verfolgung braucht Mut und Ausdauer.“

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