Braunschweig. Die Interessen von Anwohnern und lautstark Feiernden prallen aufeinander. Welche Lösungen haben die Ratsfraktionen?

Verzweifelte Hilferufe an unsere Zeitung, empörte Leserbrief-Schreiber, Klagen im Internet, Petitionen an den Oberbürgermeister: Das Thema Lärmbelästigung durch lautstarke Parkbesucher ist eine unendliche Geschichte. Vor allem im Prinzen- sowie im Inselwall-Park wird offenbar gefeiert, dass die Boxen dröhnen und der Boden vibriert – und das oft bis spät in die Nacht.

Dabei sind die Regeln zum Lärmschutz klar: Der Stadt Braunschweig gilt als Richtschnur: Eine erhebliche Lärmbelästigung der Nachbarschaft muss vermieden werden, sowohl was die Lautstärke als auch die Dauer der Lärmeinwirkung betrifft. Das gelte zum Beispiel für Rundfunk-/Fernsehgeräte und Musikanlagen, insbesondere, wenn die Geräte bei offenen Fenstern oder Türen, auf dem Balkon, im Freien oder in Kraftfahrzeugen betrieben würden.

Besondere Rücksichtnahme ist in den Ruhezeiten geboten. Und die sind einzuhalten an allen Sonn- und Feiertagen sowie an den Werktagen von 13 bis 15 Uhr (Mittagsruhe) sowie 20 bis 7 Uhr (Nachtruhe).

Doch nicht alle Parkbesucher halten sich an die Regeln. Die Stadt Hamburg untersagt inzwischen Park-Besuchern, elektronisch verstärkte Musik mit einer Lautsprecherbox abzuspielen. Wer das trotzdem tut, riskiert, dass die Anlage einkassiert wird.

Doch was sagen die Fraktionen im Rat der Stadt Braunschweig zu der Problematik, die sich alle Sommer wiederholt und sogar immer ausgeprägter zu werden scheint?

Das sagt die SPD:

Auch uns wurde zugetragen, dass die Beschwerden zur Lärmbelästigung aktuell sehr angestiegen sind. Die Stadtverwaltung erarbeitet momentan eine Benutzungsordnung für städtische Park- und Grünanlagen. Dort werden auch Regelungen enthalten sein, die eine lärmintensive Nutzung der Anlagen zeitlich beschränken sollen.

Natürlich wird es weiterhin Personen geben, die solche Zeiten nicht einhalten werden. Deshalb ist es wichtig, dass weiterhin Kontrollen stattfinden durch den Zentralen Ordnungsdienst und die Polizei. Von einem generellen Verbot von Alkohol und Musik in den Parkanlagen sind wir nicht überzeugt.

Nach den langen und entbehrungsreichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie ist es wichtig, dass die Menschen in unserer Stadt, insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene, wieder Raum für ein geselliges Miteinander und soziale Aktivitäten erhalten.

Beide Seiten, Anwohnerinnen und Anwohner wie auch Parkbesucher, müssen für die Situation der jeweils anderen sensibilisiert werden. Die Benutzungsordnung für Parks ist da nur ein Schritt.

Beispielsweise könnte man durch Dialog- und Nachbarschaftstreffs den Austausch zwischen Besucherinnen und Besuchern und Anwohnerinnen und Anwohnern fördern mit dem Ziel, Barrieren abzubauen und gegenseitiges Verständnis zu entwickeln.

Das sagen die Grünen:

Zunächst ist es uns wichtig, klarzustellen, dass die Anliegen der Anwohner*innen des Inselwallparks sehr berechtigt sind. Wir haben zu ihnen Kontakt und uns vor Ort ein Bild von der Problematik machen können. Der Schutz der Anwohner*innen ist uns ausgesprochen wichtig, und wir nehmen diese Problematik sehr ernst.

Die Frage des Umgangs mit Lärmbelästigung in Parks ist ein schwieriger Abwägungsprozess. Wer sich in den Braunschweiger Parks und Grünflächen umsieht, wird feststellen, dass die meisten Nutzer*innen sich verantwortungsvoll und unauffällig verhalten.

Die Parks und Grünflächen sollen ja allen Braunschweiger*innen zum Entspannen, zur Bewegung, zum Grillen und Feiern gerade in den Sommermonaten zur Verfügung stehen. Auch im Inselwall scheinen die Probleme von einer relativ kleinen Gruppe auszugehen.

Eine Parkordnung, die hier wirklich Abhilfe schaffen will, muss also eine Antwort auf die Frage liefern, wie man auf der einen Seite exzessives und rücksichtsloses Verhalten unterbinden kann, ohne die Menschen über Gebühr zu treffen, die sich absolut korrekt verhalten.

Es kann und darf nicht sein, dass die Mehrheit der Nutzer*innen unserer Grünanlagen unter der Rücksichtslosigkeit einiger Weniger leiden muss.

Ein generelles Alkohol- oder Musikverbot würde in diesem Sinne weit über das Ziel hinausschießen. Ein solches Verbot würde nur dann eine Wirkung erzielen können, wenn es gerade in den Abendstunden und am Wochenende flächendeckend und rigoros überwacht würde. Dies würde allerdings einen hohen Personalaufwand erfordern.

Es müsste außerdem verhindert werden, dass es Verdrängungs- und Verlagerungseffekte in andere Parks oder Grünflächen bzw. an andere Orte in der Stadt gibt. Dadurch wäre unterm Strich nichts gewonnen.

Wir sperren uns nicht grundsätzlich gegen ordnungspolitische Maßnahmen, um das Problem des Lärms in den Parks einzudämmen, wünschen uns aber auch andere Maßnahmen. Dabei könnte der Einsatz von Streetworkern, die regelmäßig den Kontakt zu den auffälligen Personen und Gruppen suchen, sinnvoll sein.

Das sagt die CDU:

Die öffentliche Sicherheit ist seit jeher ein Kern- und Kompetenzthema der CDU-Ratsfraktion. Bevor jetzt aber ausgehend von den Ereignissen am Inselwallpark wegen Lärmbelästigung und Müllproblematik nach schärferen Maßnahmen gerufen wird, fordern wir die Verwaltung auf, die Einhaltung der bestehenden Regelungen und Vorschriften durchzusetzen. Dies geht nur durch konsequente Kontrollen und dabei sehen wir vor allem den städtischen Zentralen Ordnungsdienst (ZOD) in der Pflicht, stärker Präsenz zu zeigen.

Gleichzeitig erwarten wir von der Polizei, dass sie dort, wo die Befugnisse des ZOD enden, entschieden einschreitet. Wir sind der Auffassung, dass die Verwaltung die Anwohnerinnen und Anwohner nicht alleine lassen darf. Denn es gibt bereits heute Regeln, um ein friedliches Miteinander unterschiedlicher Nutzergruppen zu gewährleisten.

Das eine ist es, solche Vorgaben zu haben, das andere aber ist die konsequente Durchsetzung und die dafür zwingend notwendige Kontrolle der Vorschriften. Viele der in den vergangenen Wochen im Umfeld des Inselwallparks aufgetretenen Beschwerden könnten bereits aufgrund bestehender Regelungen und Vorschriften erledigt werden.

Die CDU wird die Verwaltung in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Feuerwehr, Katastrophenschutz und Ordnung fragen, wie sie die Einhaltung der momentanen Vorschriften in Zukunft sicherstellen will.

Gleichzeitig erwarten wir von der Verwaltung, dass sie die auf CDU-Initiative hin bereits im Jahr 2018 beschlossene Park- und Grünanlagenordnung (PGO) zügig fertigstellt. Damit hätten ZOD und Polizei ein besseres Werkzeug zur Verfügung, um inakzeptable Exzesse zu verhindern und Anwohner zu schützen.

Die CDU-Ratsfraktion ist bereits in der Vergangenheit vielfach im Sinne der öffentlichen Ordnung und Sicherheit tätig geworden. Zur Verhinderung weiterer Eskalationen auf der Partymeile sind auf unsere Initiative hin Stadt und Polizei im Dialog.

Die Steigerung der Sicherheit unter den Rathaus-Kolonnaden durch eine „Stadtwache“ des Zentralen Ordnungsdienstes geht ebenfalls auf unsere Initiative zurück. Gleiches gilt für unbeschwertes Feiern an Christi Himmelfahrt durch das Glasflaschenverbot im Prinz-Albrecht- sowie im Heidberg-Park und eine stärkere Zusammenarbeit von Polizei und ZOD.

Bevor wir also weitergehende Maßnahmen, wie etwa ein generelles Alkoholverbot oder das grundsätzliche Verbot von Musikbeschallung, diskutieren, muss die Verwaltung für die Einhaltung der momentan gültigen Regeln sorgen. Unser oberstes Ziel bleibt ein friedvolles Miteinander von Parknutzern und Anwohnern.

Das sagt die BIBS:

In der Pandemie sind Parks mehr denn je zu Zufluchtsorten geworden. Sie können allen Menschen der Stadt Bewegung, frische Luft und ein Stück Natur bieten. Ein Park mitten in der Stadt ist aber ebenso ein Treffpunkt, ein Ort zum Austausch und ein wichtiger Platz für Unabhängigkeit, besonders für junge Menschen.

Aufgrund der im Artikel erwähnten zentralen Lage des Inselwallparks ergibt sich meiner Meinung nach nicht nur Konfliktpotenzial, sondern auch die besondere Möglichkeit, gemeinsam mit allen Menschen eine lebendige und kommunikative Stadt Braunschweig zu erleben.

Der genannten Verunreinigung durch Urin hat die Stadt in einem ersten Schritt bereits entgegen gewirkt und eine neue öffentliche Toilettenanlage eröffnet. Wenn diese nun auch für alle Menschen kostenfrei benutzbar sein würde, wären sicher weniger Beschwerden bezüglich des Urinierens in die Beete zu vermelden.

Es ist wichtig, alle Details zu den Vorkommnissen zu kennen, bevor neue Verordnungen und Einschränkungen für Braunschweigs BürgerInnen beschlossen werden können.

Im genannten Artikel ist von einer Anwohnerin die Rede. Wie viel Beschwerden anderer Anwohnenden gab es in den letzten Monaten am Inselwall? Wie häufig wurde die Polizei wegen Lärmbelästigung in letzter Zeit am Inselwall zu Hilfe gerufen? Wurden durch die Verwaltung am besagten Balkon der sich beschwerenden Anwohnerin bereits Messungen durchgeführt, um die Stärke der Immissionen genau zu beziffern und diese mit den bestehenden Grenzwerten abzugleichen? Liegt eventuell bereits ein Bericht der gemessenen Ergebnisse vor, der dem Stadtbezirksrat oder den Ratsfraktionen zur Verfügung gestellt werden könnte?

Diese Fragen sollten zu allererst durch die Stadt Braunschweig beantwortet werden, bevor über Maßnahmen entschieden werden kann.

Das sagen die Direkten Demokraten

Als Gruppe „Direkte Demokraten“ lehnen wir ein Alkoholverbot in Parks ab, da es auch friedliebende Menschen trifft, die zum Beispiel nach Feierabend lediglich ein Glas Sekt auf einer Parkbank trinken möchten. Die Polizei, das Ordnungsamt und das Amtsgericht werden mit der Umsetzung eines solchen Verbotes unnötig beschäftigt.

Eine Parkverordnung ist aus unserer Sicht auch unnötig, da es schon geltende Gesetze gibt, die lediglich umgesetzt werden müssen.

Unser Vorschlag wäre daher: Die Polizei und das Ordnungsamt kontrollieren bei Beschwerden den betreffenden Teil des Parks, Bluetooth-Boxen und weitere lärmende Gerätschaften werden bei Verstoß gegen obige Verordnung konfisziert und am nächsten Tag gegen eine geringe, jugendfreundliche Bearbeitungsgebühr (zirka 5 bis 10 Euro) wieder in der Münzstraße herausgeben. Die Anwohner sind glücklich, die Feiernden haben ein lehrreiches Erlebnis und feiern nächstes Mal dort, wo sie niemanden stören, und die Innenstadt wird durch die Abholung der Schallgeräte belebt. Ein solches Vorgehen spricht sich schnell herum, und nach kurzer Zeit ist das Problem hoffentlich gelöst.

Das sagt die AfD:

Die Regeln zur öffentlichen Ordnung, besonders im Hinblick auf Lärm- und Müllvermeidung, Belästigungen und ähnliches sind bereits umfangreich festgelegt. Eine entsprechende Stadtsatzung verbietet Lärm und offenes Feuer in öffentlichen Anlagen; weitgehend unbemerkt hatte der Rat der Stadt gegen die Stimmen der AfD schon vor Jahren den Beginn der Nachtruhe sogar auf 20 Uhr werktags vorverlegt. Es bestehen bereits genügend rechtliche Möglichkeiten, in den Parks für Sauberkeit und Ordnung zu sorgen – auch ohne eine zusätzliche Park- und Grünflächenordnung.

Dann stellt sich die Frage, ob wir ein Durchsetzungsproblem im Inselwallpark haben: Polizei und Ordnungsamt sind sicher in der Lage, für die Beachtung der bestehenden Regeln zu sorgen; „Streetworker“ wären nur dann nötig, wenn sich erkennbar eine feste Szene mit Problemlagen gebildet hat, wofür es nach unserer Kenntnis keine Anzeichen gibt. Fraglich ist also, ob schärfere Maßnahmen zur Einhaltung der Ruhe politisch gewollt sind.

Die rot-grüne Mehrheit wendet viel Steuergeld auf, um mit Sitzterrassen und Pocketparks genau diese Art von Nutzung zu intensivieren und damit die Innenstadt vermeintlich „wiederzubeleben“. An anderen Orten des Stadtkerns sollen (biologisch praktisch nutzlose) Kleinstparks und Sitzgelegenheiten zu genau der Art von Verweilen einladen, die nun am Inselwall und vielleicht auch anderen Stellen von den Anwohnern unerwünscht ist.

Als Stadtgesellschaft müssen wir dringend das Ziel diskutieren, welches mit solchen „Freiräumen“ im Stadtkern eigentlich erreicht werden soll – und ab wann im Sinne eines friedlichen Zusammenlebens Ruhezeiten jeweils von allen einhalten werden müssten.

Die Rückkehr zur den meisten geläufigen Nachtruhe um 22 Uhr, aber dann auch deren konsequente Einhaltung, könnte ein Schritt in Richtung klarer und für alle akzeptabler Verhältnisse sein.

Zwar ist in Innenstädten grundsätzlich mit mehr Betrieb zu rechnen, was man sicher weiß, wenn man in eine solche Lage zieht, aber auch für die Anwohner muss ein Stadtzentrum lebenswert bleiben.

Das sagt die FDP:

Lärm ist eine Belastung, egal, ob er vom Straßenverkehr oder feiernden Menschen herrührt. Wir können die Sorgen der Anwohner verstehen, halten aber eine Parkordnung für einen nicht zielführenden Bürokratieauswuchs und Alkohol- oder Musikverbote für zu weitreichend. Es gibt bereits allgemeine Regeln zu Sicherheit und Ordnung – diese gelten in Parks ebenso wie in der Innenstadt oder in reinen Wohnsiedlungen.

Diese Regeln konsequent durchzusetzen, würde viel Ärger ersparen. Dazu bedarf es aber regelmäßiger Kontrollen durch Polizei und ZOD sowie die konsequente Ahndung von Verstößen.“

Das sagt Die Fraktion.BS

Eine Interessenabwägung ist nicht einfach. Öffentliche Parkanlagen sind für viele Menschen und damit auch für Jugendliche sehr wichtig, um sich außerhalb des eigenen Zuhauses mit Bekannten und Freund:innen zu treffen. Hier können sie quasi in einem großen Garten die Natur genießen. Dass Anwohner:innen sich durch lautes Reden, Gelächter und/oder Musik gestört fühlen, ist durchaus verständlich. Ein Einhalten der Nachtruhe muss auf jeden Fall gewährleistet werden, hier ist in der Regel die Polizei gefragt. Parkordnungen weisen auch schon heute daraufhin, dass solche Ruhezeiten zu berücksichtigen sind.

Wenn man nun darüber nachdenkt, weitere besondere Vorschriften zu erlassen wie zum Beispiel Musik grundsätzlich zu verbieten oder Alkoholverbotszonen einzurichten, führt dies zu keiner Lösung, sondern nur zu einer Verdrängung. Junge Menschen brauchen gerade nach der langen Pandemie Orte, an denen sie sich unter sich treffen können. Die Erfahrungen zeigen, dass Jugendliche in vielen Fällen durchaus einsichtig sind, wenn sie auf die Probleme angesprochen werden. Deshalb ist ein Einsatz von Streetworkern eine Möglichkeit.

Insgesamt muss man aber auch feststellen, dass die Toleranzschwelle bei Erwachsenen enorm abgesunken ist und Lärm von Kindern und Jugendlichen oft als störender empfunden wird als beispielsweise Verkehrslärm. Auch hier muss angesetzt werden, indem auf die berechtigten Bedürfnisse von jungen Leuten hingewiesen wird. Das Privileg eines Balkons oder Gartens mit Sicht auf eine schöne Grünanlage kann in einer Großstadt nicht gleichbedeutend sein mit einer ländlichen Ruhezone.

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