Braunschweig. Ulrich Berg erfüllt sich am Rande von Braunschweig seinen Traum vom perfekten Kleingarten.

Jeder zehnte Braunschweiger ist Kleingärtner. Die unterschiedlichsten Vorstellungen gibt es, wie ein richtig guter Kleingarten auszusehen hat. Wird Ulrich Berg zu seiner Rasenpflege befragt und er antwortet „per Freischneider“ - dann weiß man schon: Sein Kleingarten weicht vom Standard ab.

Um Ulrich Berg besser verorten zu können: Der 53-Jährige ist kein interessierter Laie, sondern Profi. Gelernter Garten- und Landschaftsbauer. Eher zufällig kam der Gifhorner nach Braunschweig. Er arbeitet bei der Braunschweiger Grünflächenverwaltung als Reviergärtner von Lehndorf. „Natürlich werde ich gefragt: Den ganzen Tag Grünflächen und dann zusätzlich Kleingarten – warum? Weil es mein Ausgleich zur Arbeit ist!“

Als er vor zwei Jahren die Stelle antrat, stand fest: „Täglich zwischen Braunschweig und Ehra-Lessin zu pendeln, das funktioniert nicht.“ Also Umzug und Kleingarten. Die Suche, sagt Berg, sei kompliziert gewesen: „Ich wollte unbedingt einen Kleingarten, wo Kleintier-Haltung noch erlaubt ist.“ Der Kleingartenverein Vogelsang am Rande von Lehndorf machte das möglich. Freie Gärten verlangten jedoch hohe Kompromissbereitschaft. Überschwemmungsrisiko. Was verfügbar war, glich außerdem einem Urwald, weil seit Jahren nicht bewirtschaftet.

Ein stattlicher Dorking-Hahn beäugt misstrauisch die Besucher.
Ein stattlicher Dorking-Hahn beäugt misstrauisch die Besucher. © Peter Sierigk

Berg kaufte erst 450 Quadratmeter, was in einer Art Erbpacht geregelt ist. Erste Tat: Ein drei Meter langer Autoanhänger wurde gekauft. „Bis halbwegs Grund im Garten war, habe ich bestimmt 20 Ladungen Grünschnitt zu Alba gefahren.“ Dabei sollte es nicht bleiben. Der Nachbar wollte verkaufen. Das Gartenhaus-Dach war allerdings marode. „Weitere zehn Entsorgungsfahrten zu Alba.“ Ergebnis: „Ich habe jetzt 900 Quadratmeter Garten. In Dörfern lacht man darüber. In Braunschweig ist das ein unglaublicher Luxus.“

Wanderfalke stellt den Tauben nach

Und so hat Berg damit begonnen, sich einzurichten: Zwei Taubenhäuser wurden gebaut. Berg ist wählerisch. Magdeburger Flugtümmler steigen aus seinem Kleingarten auf. Berg meint, dass es wohl keine 1000 mehr von ihnen gibt. Sein Schatz ist jedoch ein Braunschweiger Bärtchentümmler. Wahrscheinlich der letzte seiner Art. Berg plant die Rückzüchtung. Ob es klappt, ist unklar: „Der Wanderfalke vom Heizkraftwerk Mitte hat sich schon zehn Tauben geholt. Habichte gibt es hier auch.“

Magdeburger Flugtümmler sind mittlerweile rar geworden. Ulrich Berg hilft, das Aussterben zu verhindern.
Magdeburger Flugtümmler sind mittlerweile rar geworden. Ulrich Berg hilft, das Aussterben zu verhindern. © Peter Sierigk

Der Kleingarten liegt an der Grenze zu Pferdeweiden und Äckern. Der Westpark ist nicht fern. Feldhase, Fasan, Rebhuhn und Reh sind Gäste. Berg vermutet, dass auch Waschbären unterwegs sind. Ein Problem: Raubtiere. Fuchs und Marder haben sich bereits drei Hühner geholt. Englische Dorking Hühner. Eine uralte Rasse. Mehr als stattliche Exemplare. Berg, der gute Verbindungen zu Rassegeflügel-Züchtern hat, kauft nach. „Bei fünf Hühnern belasse ich es. Wegen der Nachbarn. Das größte Problem ist ohnehin nicht der Fuchs, sondern sind Nacktschnecken, die die Nutzpflanzen fressen.“

Senegalhirse statt Geranien

Davon gibt es mehr als reichlich. Bergs Garten ist weit entfernt von einem Ziergarten. Die sonst so beliebten Geranien gibt es nicht. Einen Blühstreifen auch nicht. Dafür Roter Grünkohl, Senegalhirse, Fenchel, Pferdbohnen, Blauer Mais, Felsenbirnen, ein alter Apfelbaum soll von einer Chinesischen Kiwi überwuchert werden. In den Zweigen hängen Zaunkönig-Kugeln. Überall Vogelhäuschen.

Fertig sei sein Kleingarten natürlich noch nicht, sagt Berg. „Wie auch? Kleingärten werden nie fertig.“