Braunschweig. Die Zahl der Bedürftigen, die die Dienste der Tafel in Anspruch nehmen, steigt, derzeit vor allem durch die hohen Lebensmittelpreise.

Für Maylin und Sophia ist es der erste Tag bei der Braunschweiger Tafel. Die Neuntklässlerinnen der IGS Querum wollten sich in ihrer Projektwoche in einer sozialen Einrichtung engagieren. „Unsere Eltern haben mal von der Tafel erzählt, jetzt wollten wir einen persönlichen Eindruck bekommen“, erzählt Sophia. Sie helfen beim Sortieren und Einpacken der Lebensmittel, eine Arbeit, für die auch an diesem Tag wieder zahlreiche Ehrenamtliche im Einsatz sind, lange bevor die Tafel ihre Tore öffnet.

Weit die Goslarsche Straße hinunter reihen sich die Menschen, die auf Lebensmittelspenden angewiesen sind, um kurz vor 12 Uhr. Der Bedarf sei in den vergangenen Monaten gewachsen, sagt Bernd Assert, Mitbegründer und ehrenamtlicher Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins. Die Zahl der Menschen, die zur Tafel kommen, habe sich zwischenzeitlich verdoppelt oder gar verdreifacht im Vergleich zur Zeit vor dem Ukraine-Krieg. Das habe zum einen mit den Flüchtlingen zu tun gehabt. Als die Flüchtlinge kamen, seien täglich 50 bis 70 Ukrainer zur Tafel gekommen, zusätzlich zu den Stammkunden. „Einige von ihnen kommen nicht mehr, weil sie sozial abgesichert sind. Die Zahl bleibt aber hoch, weil neue dazu kommen“, so Assert.

Das hänge mit den gestiegenen Lebensmittelpreisen zusammen. „Einige, die vor ein paar Monaten mit ihrem Geld noch auskamen, haben wegen der Preissteigerungen nun zu wenig, um über die Runden zu kommen.“ Rund 3000 Stammkunden hatte die Tafel vor Ausbruch des Krieges, 3500 sind es jetzt, manche von ihnen kommen mehrmals im Monat, ein Mal wöchentlich ist das Maximum. Seit Jahresbeginn hat die Braunschweiger Tafel rund 25.500 Mal Bedürftige mit Lebensmittelspenden erreicht, 5100 Mal pro Monat – vom Studenten bis zum Rentner.

Lebensmittel sind ausreichend vorhanden

Bernd Assert hat die Braunschweiger Tafel vor gut 25 Jahren mit gegründet.
Bernd Assert hat die Braunschweiger Tafel vor gut 25 Jahren mit gegründet. © Peter Sierigk

Und mit dem Bedarf dieser Menschen steigt auch der Bedarf der Tafel. Normalerweise öffnet sie zwischen 12 und 13.30 Uhr. In Hochphasen gaben die Ehrenamtlichen noch bis 15.30 Lebensmittel aus, erzählt Assert. Derzeit hingen die Ehrenamtlichen an der Ausgabe in der Regel noch eine halbe Stunde bis 14 Uhr dran. Doch damit ist die Arbeit der derzeit 138 Engagierten lange nicht getan.

Allein montags werden 50 Supermärkte und Bäckereien angefahren, um Lebensmittel abzuholen. An den anderen Tagen teils noch mehr. Die Waren werden dann vorsortiert und in Tüten verpackt. Immerhin: An Lebensmitteln mangele es derzeit nicht. Zwar habe die Braunschweiger Tafel zwischenzeitlich auf die Reserve, Konserven, zurückgreifen müssen. Diese Bestände hätten allerdings schon wieder aufgefüllt werden können. „Im Moment sind wir sogar in der Lage, Ware an die Salzgitter-Tafel abzugeben“, sagt Assert. Und ohnehin kann die Tafel auch regulär soziale Einrichtungen wie den Tagestreff Iglu oder das Frauenhaus Braunschweig beliefern. Konflikte unter den Kunden um Lebensmittel wie an anderen Standorten, beispielsweise in Helmstedt, habe es vor diesem Hintergrund nicht gegeben.

Die Tafel sucht Helfer, die sich länger engagieren wollen

Eine ständige Sorge jedoch ist, jährlich die Spenden von 120.000 bis 130.000 Euro zusammen zu bekommen, die für den Betrieb der Tafel notwendig sind. Die Tafel arbeite rein spendenbasiert, sagt Assert. Firmen und Privatleute spendeten, auch die Menschen, die Lebensmittel mitnehmen, können, müssen aber nicht, 3 Euro pro Besuch spenden. Auch weitere Engagierte sind gefragt, die beim Abholen der Lebensmittel, beim Sortieren, Verpacken und an der Ausgabe gebraucht werden. Das Hilfsangebot sollte längerfristig angelegt sein, so Assert.

„Wir hatten schon Anfragen von Mitarbeitern aus Braunschweiger Firmen, die mal für einen Tag helfen wollten“, sagt Assert. Aber zu der Aufgabe gehöre Übung, eine gewisse Einarbeitungszeit sei vonnöten. Danach arbeiteten die Ehrenamtlichen in der Regel ein Mal pro Woche vor- oder nachmittags für vier bis fünf Stunden mit. Und Dank dafür sei nicht nur die Gemeinschaft zwischen den Ehrenamtlichen, die dabei entstehe. Ab uns zu komme auch eine Rückmeldung der Kunden wie die der Frau, die per Email ans Tafel-Team schrieb: „Danke für die Hilfe, für das Lächeln und die Geduld.“ Assert: „Das ist die beste Motivation.“

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