Braunschweig. Eine Reportage aus dem verwaisten Kaufhaus, wo am 12. November die „Grand Horten Dinner Revue“ Premiere hat.

Der zähnefletschende Dino ist längst fehl am Platz. Ein Relikt aus jener Zeit, als im vierten Stock des Horten-Hauses noch die Spielzeugabteilung von Galeria Kaufhof war. Jetzt wird dort gebohrt, gesägt, gefräst, gedübelt und getackert, was das Zeug hält. Mit viel Farbe, Stoff und stilvollen Tapeten soll bis zum 12. November aus dem verwaisten Konsumtempel ein intimer Club im Stil der 1920er-Jahre werden. Dann wird aus dem Kaufhaus das „Grand Horten“, und eine exklusive Dinner-Revue wird Premiere feiern.

„Glanz und Glamour, Girls und Ganoven, Prohibition und Prekariat“: So bringt Veranstalter Paul Kunze die zeitliche Verortung des Projekts auf den Punkt. Eine Reise in die Goldenen Jahre des vergangenen Jahrhunderts soll es werden. Stilvoll und ein bisschen geheimnisvoll. Mit 100 Minuten Show und viergängigen Schlemmereien. „So etwas wird Braunschweig noch nicht gesehen haben“, meint Kunze mit vielversprechendem Grinsen.

Für die Ortsbegehung mit Pressefotograf haben sich Kunze und sein Partner Marco Bittner in Schale geworfen. Die beiden haben vor einiger Zeit die Applaus Kulturproduktion gegründet und seitdem mit großem Erfolg kulturell den Garten der Wolters-Brauerei bespielt.

Aus Galeria-Kaufhaus in Braunschweig wird das „Grand Horten“

Die Macher der Dinner-Show im Grand Horten sind von Kopf bis Fuß auf die 1920er Jahre eingestellt. Für diese Kulisse haben sie Wagenbauer des Braunschweiger Karnevalsumzugs gewinnen können. Von links: Veranstalter Paul Kunze, Matthias Köninger (musikalischer Leiter), Katrin Jost (Regie), Daniel Martins (Conférencier) und Marco Bittner (Veranstalter). 
Die Macher der Dinner-Show im Grand Horten sind von Kopf bis Fuß auf die 1920er Jahre eingestellt. Für diese Kulisse haben sie Wagenbauer des Braunschweiger Karnevalsumzugs gewinnen können. Von links: Veranstalter Paul Kunze, Matthias Köninger (musikalischer Leiter), Katrin Jost (Regie), Daniel Martins (Conférencier) und Marco Bittner (Veranstalter).  © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Bis zur Premiere am 12. November ist noch viel zu tun: Das ehemalige Kaufhaus wird zur Theaterbühne. 
Bis zur Premiere am 12. November ist noch viel zu tun: Das ehemalige Kaufhaus wird zur Theaterbühne.  © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Veranstalter Paul Kunze macht es vor: Der Mann von Welt legte in den Goldenen 1920ern Wert auf ein gepflegtes Äußeres.   
Veranstalter Paul Kunze macht es vor: Der Mann von Welt legte in den Goldenen 1920ern Wert auf ein gepflegtes Äußeres.    © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Der Haribo-Bär wird bis zur Premiere noch Platz machen müssen in der Regiekanzel.
Der Haribo-Bär wird bis zur Premiere noch Platz machen müssen in der Regiekanzel. © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Faszinierende Fassade: der Blick hinter die Kacheln des Horten-Hauses. 
Faszinierende Fassade: der Blick hinter die Kacheln des Horten-Hauses.  © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Hier werden in 14 Tagen 81 Tische stehen und eine Bühne. Die Veranstalter verbauen für Trennwände unter anderem alte Kaufhaus-Regale.
Hier werden in 14 Tagen 81 Tische stehen und eine Bühne. Die Veranstalter verbauen für Trennwände unter anderem alte Kaufhaus-Regale. © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Spektakuläre Lichtspiele: Ein Blick hinter die legendären Kacheln der Eiermann-Fassade des ehemaligen Horten-Kaufhauses. Zwischen Wand und Fassade verläuft ein zirka 50 Zentimeter breiter Gang. 
Spektakuläre Lichtspiele: Ein Blick hinter die legendären Kacheln der Eiermann-Fassade des ehemaligen Horten-Kaufhauses. Zwischen Wand und Fassade verläuft ein zirka 50 Zentimeter breiter Gang.  © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Regisseurin Katrin Bothe in der Künstlergarderobe. Sie findet die Mode der 1920er extrem schick.
Regisseurin Katrin Bothe in der Künstlergarderobe. Sie findet die Mode der 1920er extrem schick. © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Der Charme eines Lost Place: Das ehemalige Kaufhaus fordert die Fantasie der Theatermacher heraus.
Der Charme eines Lost Place: Das ehemalige Kaufhaus fordert die Fantasie der Theatermacher heraus. © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Dieser Dino hat die Kaufhaus-Schließung überlebt. Ein Relikt, das verdeutlicht, dass die Show in der ehemaligen Spielzeugabteilung stattfindet.
Dieser Dino hat die Kaufhaus-Schließung überlebt. Ein Relikt, das verdeutlicht, dass die Show in der ehemaligen Spielzeugabteilung stattfindet. © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Ausblick auf den Bohlweg. 
Ausblick auf den Bohlweg.  © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Das ehemalige Kaufhaus wurde nicht besenrein verlassen. Überall zeugen Gegenstände wie diese Schaufensterpuppen von der Vergangenheit des Gebäudes. 
Das ehemalige Kaufhaus wurde nicht besenrein verlassen. Überall zeugen Gegenstände wie diese Schaufensterpuppen von der Vergangenheit des Gebäudes.  © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Die Spielzeugabteilung ist aufgelöst. Aber dieses Monster ist geblieben. 
Die Spielzeugabteilung ist aufgelöst. Aber dieses Monster ist geblieben.  © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Blick durch eine der Kacheln der berühmten Eiermann-Fassade.   
Blick durch eine der Kacheln der berühmten Eiermann-Fassade.    © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Veranstalter Marco Bittner mimt den Garderobenmann.
Veranstalter Marco Bittner mimt den Garderobenmann. © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk
Auch das Dessert wird stilecht im 1920er-Jahre-Dekor serviert. Damals war der Kakaogehalt in der Schokolade oft sehr niedrig; nur wer es sich leisten konnte, bekam
Auch das Dessert wird stilecht im 1920er-Jahre-Dekor serviert. Damals war der Kakaogehalt in der Schokolade oft sehr niedrig; nur wer es sich leisten konnte, bekam "Hochprozentiges" zum Nachtisch.  © Privat | Privat
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14 Tage vor der Premiere ist nur zu erahnen, was im Grand Horten auf die zahlenden Zuschauer zukommen wird. Wo vorher nackte Kaufhauswände waren, sind die Mauern nun mit grauem Molton-Stoff bezogen und einzelne Tapetenbahnen im Art-Deko-Stil verklebt. „Aus’m Baumarkt“, meint Bittner trocken, der wie Kunze viel Zeit mit Recherche verbracht hat. Was trug man damals? Was aß man damals? Wie dekorierte man damals einen Tisch? Wo kriege ich heutzutage 800 schwarze Tischdecken her? (Antwort: aus _Istanbul).

Das Vier-Gänge-Menü, kreiert im Hause Überland und gekocht und angerichtet vor Ort in einer mobilen Küche, soll stilvoll serviert werden. Bittner zeigt Fotos von der Probeverkostung und verdreht selig die Augen in Erinnerung des Desserts. Es wird Brownie geben von der Valrohna Guanaja Schokolade (70 Prozent) und Mousse au Chocolat mit beeriger Waldbeergrütze und Vanille-Sahne. Klar, die Sache ist kostspielig. „Aber der Abend sein Geld wert“, verspricht er.

„Alles ein ziemlicher Irrsinn, den wir hier veranstalten“, meint Kunze lachend und berichtet von einer Fast-Katastrophe, als das Team eine Zwischenwand versetzen wollte und haarscharf an der Sprinkleranlage vorbeischrammte. „In den Wassermassen, die wir ausgelöst hätten, wenn wir den Sprinkler abgerissen hätten, wären wir schnell abgesoffen.“

Das Team plagt sich mit Versorgungsengpässen und unterbrochenen Lieferketten. „Kein Material zu kriegen“, klagt Kunze. So schlachten sie alles aus, was das verwaiste Kaufhaus zu bieten hat. Aus Regalen werden Trennwände. „Keine Sorge, wir kriegen das hin!“

Tickets ab 111,50 Euro gibt es bei der Konzertkasse unter www.konzertkasse.de und unter der Rufnummer 05 31-1 66 06. Dauer der Dinner-Revue: zirka vier Stunden. Es gilt die 2G Verordnung. Abendgarderobe erbeten, möglichst im Stil der 1920er. Geplant sind zunächst 20 Termine bis Weihnachten.

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