Ein Brief kann also Lebenswege zeichnen und Wünsche wecken, geht es mir durch den Kopf.

Neulich bekam ich Briefpapier geschenkt. Wie bitte, Briefpapier? Mein Gott, wie lange habe ich schon keine Briefe mehr geschrieben … Mit der Hand, meine ich, so mit Füller und Tee dabei und Zeit zum Fabulieren, wie es früher hieß. Der Inhalt des Briefs an einen lieben Menschen will ja wohlüberlegt sein, schließlich kann ich nicht mal eben die Buchstaben drehen, die Satzteile verschieben, den dritten Satz mit dem zehnten tauschen, wie ich es am PC gewohnt bin.

Während ich das Briefpapier betrachte, denke ich: Was würde ich denn schreiben und vor allem wem? Da viele Menschen heute so gut wie keine Privatpost mehr verschicken, bekommt so ein selbst geschriebener Brief eine ganz andere Bedeutung. Ich kann doch nicht vom Wetter schreiben und dass Corona langsam nervt. Das muss doch tiefgehender sein, denke ich. Man sollte von den wirklich spannenden Dingen des Lebens berichten, oder? Das größte Ereignis meiner letzten Woche war meine kaputt gefrorene Wasseruhr – kein wirklich intellektuelles Sujet für einen Brief.