Braunschweig. Zuerst dürfen Abschlussklassen wieder in die Schule. Alle anderen Schüler sollen ab kommender Woche daheim beschult werden.

Die ersten Schüler werden in Braunschweig am 27. April wieder in die Schule gehen: Den Anfang machen die Abschlussklassen, also die Schüler des 9., 10. und 13. Jahrgangs, deren Abschlussprüfungen bevorstehen. Betroffen sind die Haupt-, Real- und Gesamtschulen. Da es an den Gymnasien wegen der Rückkehr zu G9 in diesem Jahr keinen Abiturjahrgang gibt, beginnt der Unterricht dort (für die Schüler des 12. Jahrgangs) erst am 12. Mai. Die Grundschulen starten am 4. Mai mit den Viertklässlern.

Mit aller Vorsicht sollen jede Woche ein bis zwei weitere Jahrgänge an die Schule zurückkehren. Anfang Juni wären dann mit den Schülern der ersten, fünften und sechsten Klassen die letzten Jahrgänge zurück an den Schulen – so zumindest der aktuelle Planungsstand des Kultusministeriums. In Stein gemeißelt ist das alles nicht, denn natürlich muss auf die Entwicklung der Infektionszahlen geachtet und notfalls gegengesteuert werden.

„Ich halte das Vorgehen für sehr verantwortungsvoll“, sagt Gerald Kühn, Vorsitzender des Stadtelternrats: „Natürlich wollen wir alle so schnell wie möglich zum regulären Schulbetrieb zurück. Doch öffnen wir die Schulen zu schnell, könnte das katastrophale Folgen haben“, gibt er zu bedenken und zitiert: „Wenn du es eilig hast, gehe langsam!“

Die Schulen haben mit den Vorbereitungen für die Rückkehr ihrer Schüler begonnen. Die Besonderheit: Parallel zum Schulbetrieb vor Ort muss die Beschulung der Schüler vorbereitet werden, die noch zu Hause bleiben müssen. Ab der kommenden Woche sollen laut Kultusminister Grant-Hendrik Tonne alle Schüler mit Aufgaben und Lernplänen fürs „Lernen zu Hause“ versorgt werden. Mindestens einmal die Woche sollen die Klassenlehrer Kontakt mit ihren Schülern aufnehmen und Sprechstunden per Telefon, Chat oder Videokonferenz anbieten. Das geht aus dem Leitfaden „Schule in Corona-Zeiten“ des Ministeriums hervor.

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Die Schulen müssen nun Hygienepläne erarbeiten, die Einteilung in kleine Lerngruppen und versetzte Pausenzeiten organisieren sowie den „Fernunterricht“ für die Schüler zu Hause vorbereiten. „Das alles ist eine riesige Herausforderung für uns“, sagt Alexandra Lambrecht, Leiterin der Realschule Sidonienstraße. Man habe bereits mit den Planungen begonnen, doch seien etliche unbekannte Größen im Spiel: „Ich habe noch keine Übersicht, wie viele unserer Lehrkräfte der Risikogruppe angehören und wie viele von ihnen kleine Kinder zu betreuen haben“, gibt Lambrecht ein Beispiel. Lehrkräfte und Schüler, die einer Risikogruppe angehören, können im Homeoffice bleiben, hieß es am Donnerstag. Lambrecht gibt auch zu bedenken: „Es wird nicht leicht sein, die Hygieneregeln umzusetzen. In den Klassenräumen haben wir jeweils nur ein kleines Waschbecken mit Kaltwasser. Auch müssen ausreichend viel Seife und Papierhandtücher vorhanden sein.“ Und sie fragt: „Wie sollen wir verhindern, dass Schüler sich nach all den Wochen in der Isolation zur Begrüßung umarmen oder High-five geben?“

Christine Eicke, stellvertretende Leiterin der Grundschule Comeniusstraße, fragt sich, ob die Abstands- und Hygienevorgaben an den Grundschulen wirklich eingehalten werden können: „Schüler in diesem Alter rangeln oft und kuscheln gerne. Sie über Stunden auf Abstand zu halten, wird kaum möglich sein.“ Dass nun verstärkt digitale Lernmethoden zum Einsatz kommen, begrüßt sie hingegen: „Ich bin in diversen Foren. Was da gerade passiert, ist großartig – auch wenn der Anlass ein trauriger ist.“

Florian Reetz, Schüler der IGS Heidberg und Vorsitzender des Landesschülerrats, fordert die Schulen auf, verstärkt die digitalen Angebote zu nutzen, um Schüler zu Hause zu unterrichten. Er verweist auf die Niedersächsische Bildungscloud (www.n-21.de), die demnächst allen Schulen als Plattform zur Verfügung stehen soll: „Es reicht nicht aus, Arbeitsblätter zu verteilen. Schüler müssen die Gelegenheit haben, Fragen zu stellen und etwas erklärt zu bekommen“, fordert der Schülervertreter.

Bei der Vorbereitung der Online-Beschulung stoßen Schulen jedoch auch schnell an Grenzen. Die Erfahrung hat Volker Ovelgönne gemacht, Leiter des Wilhelm-Gymnasiums: „Nach Auskunft des Datenschutzbeauftragten des Landes dürfen wir aus Datenschutzgründen keine der gängigen Plattformen für Videokonferenzen mit unseren Schülern nutzen.“

Der Schulserver Iserv, dessen Dienste die meisten Braunschweiger Schulen nutzen, bereite derzeit ein entsprechendes Modul vor. „Es befindet sich noch in der Testphase. Wenn das klappt, würde uns das sehr helfen“, ist Ovelgönne zuversichtlich.