Braunschweig. Bepi-Colombo soll 2025 ankommen, jetzt ist er an der Erde vorbeigeflogen. Die TU-Forscher wollen das Magnetfeld des Merkur vermessen.

An Karfreitag ist der Bepi-Colombo-Satellit nah an der Erde vorbeigeflogen, um die Flugbahn für die Weiterreise zum Merkur anzupassen. Mit dabei: Magnetometer des Instituts für Geophysik und extraterrestrische Physik der Technischen Universität Braunschweig.

Die Mission der Europäischen Weltraumagentur ESA ist im Oktober 2018 vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana gestartet. Ihr Ziel: die Erkundung des Merkur. Wie die TU mitteilt, war von Beginn an war klar, dass der Treibstoff nicht für die gesamte Mission ausreichen würde, um die Sonde innerhalb von sieben Jahren zum Zielplaneten zu schicken. Daher sind Vorbeiflüge bei den Planeten notwendig. Und so kam es auch, dass Bepi-Colombo am 10. April in den frühen Morgenstunden mit einem Abstand von rund 12.500 Kilometern an der Erde vorbeigeflogen ist.

Flüssiger Eisenkern im Inneren des Planeten

Die Sonde soll im Dezember 2025 beim Merkur ankommen und den Planeten wissenschaftlich untersuchen. „Unter anderem soll dessen Magnetfeld mit Sensoren aus Braunschweig hochgenau vermessen werden“, heißt es in der Pressemitteilung der TU. „Das Magnetfeld wird – wie bei der Erde auch – durch einen sogenannten Dynamoprozess im flüssigen Eisenkern im Inneren des Planeten erzeugt. Für einen Dynamoprozess muss der Eisenkern nicht nur flüssig sein, sondern sich auch bewegen. Da es im Zentrum eines Planeten sehr heiß und die Kruste relativ kalt ist, kann diese innere Konvektionsbewegung über Milliarden von Jahren angetrieben werden. Zusätzlich dazu werden beim Wachstum eines inneren festen Eisenkerns leichte Elemente freigesetzt, die sich nach oben bewegen.“

Durch genaue Analysen des Schwerefeldes und der Rotationsbewegung von Merkur wisse man, dass der Merkurkern zumindest teilweise flüssig sein müsse. Trotzdem gebe das Merkurmagnetfeld den Forschern aus Braunschweig immer noch Rätsel auf. “Wenn man alles, was man über den Erddynamo weiß, auf Merkur überträgt, sollte dessen Magnetfeld um einiges stärker sein, als es derzeit ist”, sagt Dr. Daniel Heyner. Auch sei das Merkurmagnetfeld sehr symmetrisch – ein Umstand, der von der Theorie her gar nicht möglich sein sollte. Um diesen scheinbaren Widerspruch aufzuklären, wurden verschiedene Dynamomodelle vorgeschlagen. Ein Ziel der Bepi-Colombo-Mission ist es nun, das Merkurmagnetfeld geometrisch noch genauer zu vermessen, um die Dynamomodelle besser testen zu können.

„Möglich wäre auch, dass die Magnetosphäre, die durch die Wechselwirkung zwischen Planet und Sonnenwind entsteht, einen dämpfenden Einfluss auf den Dynamoprozess im Inneren ausübt“, erklärt Heyner, Leiter der Arbeitsgruppe Weltraumphysik und Weltraumsensorik am IGeP und Principal Investigator des internationalen MPO-Magnetometerteams. „Wir müssen außerdem noch viel mehr über den inneren Aufbau des Merkur herausfinden, um einige der vorgeschlagenen Modelle für das Merkurmagnetfeld eventuell ausschließen zu können.“

Reise dauert insgesamt sieben Jahre

Die Bepi-Colombo-Satelliten werden auf ihrer sieben Jahre dauernden Reise zum Merkur noch zweimal an der Venus und sechs Mal am Merkur vorbeifliegen. Bei diesen Vorbeiflügen – auch Swingby-Manöver genannt – findet ein Austausch von Bewegungsenergie statt: Die Bepi-Colombo-Satelliten werden langsamer und dafür die Planeten ein wenig schneller. Da die Planeten wesentlich schwerer sind als die Bepi-Colombo-Satelliten, fällt die Beschleunigung der Planeten kaum ins Gewicht. Die Sonde kann jedoch durch diese Manöver viel Treibstoff sparen.

„Die Wirkungsweise dieser Swingby-Manöver lässt sich mit einem Zusammenstoß von einem Tischtennisball (Satellit) mit einem Schläger (Planet) vergleichen“, so die TU. „Wenn der Schläger ruht, prallt der Ball mit der Geschwindigkeit wieder ab, mit der er den Schläger getroffen hat. Ein Tischtennisspieler kann aber den Ball beschleunigen, in dem er den Schläger dem Ball entgegen bewegt. Der Spieler kann aber den Ball bremsen, wenn er den Schläger vom Ball wegzieht. Bei dem Swingby-Manöver erfolgt der Austausch allerdings glücklicherweise kontaktlos.“

Magnetometer (vorne links/rechts), Instrumentenrechner (mitte) und verspiegelte Thermalhüte (hinten links/rechts).
Magnetometer (vorne links/rechts), Instrumentenrechner (mitte) und verspiegelte Thermalhüte (hinten links/rechts). © Institut für Weltraumforschung, Graz

Bei der Planung der BepiColombo-Mission müssen die Planeten, bei denen das Swingby-Manöver durchgeführt wird, genau zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle sein. „Wenn man sich überlegt, dass der Merkur cirka 100 Millionen Kilometer weit weg ist, ist es höchst bewundernswert, dass man eine Sonde sieben Jahre auf den Weg schicken kann und dann mit einer Präzision von besser als ein Kilometer genau zu dem geplanten Zeitpunkt am Merkur ankommt“, sagt Heyner.

Die Gesamtleitung der Mission liegt bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA, die auch für Entwicklung und Bau des „Mercury Planetary Orbiter“ zuständig war. Der „Mercury Magnetospheric Orbiter“ wurde von der japanischen Raumfahrtagentur JAXA beigesteuert. Koordiniert und überwiegend finanziert wird der deutsche Beitrag zu Bepi-Colombo vom DLR-Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Wesentlich finanziert wurden die beiden Instrumente BELA und MERTIS, die zu großen Anteilen an den DLR-Instituten für Planetenforschung und Optische Sensorsysteme in Berlin-Adlershof entwickelt wurden, aus Mitteln des DLR für Forschung und Technologie. Finanziell gefördert wird die Mission außerdem von der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster und der Technischen Universität Braunschweig und vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen. Der industrielle Teil der Sonde wurde von einem europäischen Industrie-Konsortium unter der Federführung der Firma Airbus Defence and Space realisiert.