Braunschweig. Künftig sollen nur Geschäfte innerhalb der Okerumflut öffnen dürfen. Verdi übt weiter Kritik: „Damit werden wir uns nicht zufriedengeben.“

Nach der Klage von Verdi gegen die vier verkaufsoffenen Sonntage in Braunschweig hat die Stadtverwaltung jetzt auf die rechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichts reagiert. Wie die Stadt mitteilt, sollen die drei noch geplanten Sonntagsöffnungen in diesem Jahr auf die Innenstadt beschränkt werden. Das heißt: Beim „Modeautofrühling“ am 19. April, beim „Trendsporterlebnis“ am 27. September und bei der „Mummegenussmeile“ am 8. November dürfen nur die Geschäfte innerhalb der Okerumflut öffnen.

„Durch die räumliche Beschränkung wird Rechtssicherheit erreicht und den Kaufleuten frühzeitig Planungssicherheit ermöglicht“, betont Ordnungsdezernent Claus Ruppert in der Pressemitteilung. „Zugleich unterstützen wir das Ziel, die Innenstadt lebendig zu gestalten und als attraktives Einkaufsziel auch für das Umland zu erhalten.“ Das stärke auch die Arbeitsplätze im hiesigen Einzelhandel.

Das Klageverfahren am Verwaltungsgericht ist laut der Stadt zwar weiter anhängig. Ruppert äußerte aber die Hoffnung, dass die Gewerkschaft die veränderte Verfügung zum Anlass nimmt, das Verfahren zügig und einvernehmlich zum Abschluss zu bringen.

Gewerkschaft kritisiert: Es gab keine Gespräche mit uns

Ob es dazu kommen wird, ist fraglich. Verdi-Gewerkschaftssekretär Eberhard Buschbom-Helmke hält von der veränderten Verfügung der Stadt nicht viel, wie er am Freitag auf Anfrage mitteilte: „Damit werden wir uns nicht zufriedengeben!“ Außerdem kritisierte er: „Wir sind bislang noch gar nicht von der Stadt gehört worden.“ Es habe keinerlei Gespräche gegeben. „Das ist aber leider das normale Gebaren dieser Stadt – man redet erst mit allen anderen und dann mit uns.“

Die Stadtverwaltung hatte nach der Entscheidung des Gerichts Anfang Februar angekündigt, die Gewerkschaft, den Arbeitsausschuss Innenstadt und den Arbeitsausschuss Peripherie, das Stadtmarketing, Betriebsräte und weitere beteiligte Akteure zu einem Gespräch am runden Tisch einzuladen, um die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung auszuloten. Das ist bislang in diesem Rahmen noch nicht geschehen.

Buschbom-Helmke ergänzt: „Die Stadt möge mal ihren Einwohnern erklären, ob ein Alkoholfest wie die Mummemeile noch in die Zeit passt, wo wir doch alle wissen, dass Alkohol die Gesundheit gefährdet.“ Und beim Modeautofrühling gebe es noch viel weniger einen Sachgrund, der eine Sonntagsöffnung rechtfertige.

Auslöser der Klage sind die Zweifel seitens der Gewerkschaft, dass in allen vier Fällen tatsächlich ein besonderer Anlass vorliegt, der die Sonntagsöffnung rechtfertigt. Solch einen Anlass schreibt das Gesetz vor. Bezirksgeschäftsführer Sebastian Wertmüller hatte die Klage damit begründet, dass der freie Sonntag ein hohes und durch das Grundgesetz geschütztes Recht sei – dieses dürfe nicht wegen ausschließlich ökonomischer Interessen ausgehebelt werden. Er verwies auf die Beschäftigten im Einzelhandel: „Die meisten sind Frauen, viele haben Familie und nicht alle haben die freie Wahl, ob sie sonntags arbeiten wollen. Nur eine Minderheit ist tarifgebunden und hat einen garantierten Anspruch auf Zuschläge.“

Gericht: Zu wenige Besucher, kein räumlicher Zusammenhang

Das Verwaltungsgericht hatte kürzlich entschieden, dass die Öffnung von Verkaufsstellen im gesamten Stadtgebiet anlässlich der „Winterkunstzeit“ am Sonntag, 9. Februar, aller Voraussicht nach rechtswidrig ist. Die Sonntagsöffnung war daraufhin kurzfristig abgesagt worden – sehr zum Ärger der Stadtverwaltung, des Stadtmarketings und des Arbeitsausschusses Innenstadt.

Das Gericht hatte ausgeführt, dass es keine Rechtfertigung für eine stadtweite Ladenöffnung gebe, zum Beispiel an der Hansestraße, weil sich die Veranstaltungen stets auf die Innenstadt konzentrieren. Diesem Kritikpunkt kommt die Stadt jetzt nach.

Außerdem hieß es seitens des Gerichtes, dass die Veranstaltungen für sich genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen müssen, der die Besucherzahlen übersteigt, die bei einer Ladenöffnung ohne die Veranstaltung zu erwarten wären. Die dafür erforderliche Prognose der Stadt für die „Winterkunstzeit“ war aus Sicht des Gerichtes nach summarischer Prüfung fehlerhaft und die Besucherzahl zu gering.

Aber wie es ist mit den anderen drei Veranstaltungen? Die Stadtverwaltung betont dazu auf Nachfrage: „Die Entscheidung des Gerichts bezog sich ausschließlich auf die ,winterkunstzeit’. Bei den weiteren Veranstaltungen sind die Zahlen der Besucher, die angeben, wegen der Veranstaltung zu kommen, signifikant höher.“ Die seit 2005 regelmäßig durch die Braunschweig Stadtmarketing GmbH durchgeführten Kundenbefragungen zu den Veranstaltungen mit verkaufsoffenen Sonntagen zeigen demnach im Längsschnitt, dass mehr als 50 Prozent der Besucher aufgrund der Veranstaltungen gekommen sind

Stadtsprecher Rainer Keunecke: „Die Veranstaltungen sind somit der Hauptgrund für den Innenstadtbesuch, stehen in der öffentlichen Wahrnehmung im Vordergrund und bieten auch ohne Einkauf einen hohen Erlebniswert. Durch die allgemeine Freizeit- und Wohnfunktion der Innenstadt begründet sich ein wesentlicher Anteil von Besuchern, die nicht wegen einer Veranstaltung in die Innenstadt kommen.“

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