Braunschweig. Der Pflegenotstand macht sie traurig und wütend. Sie zitieren Artikel 1 des Grundgesetzes, zünden Kerzen für mehr Menschenwürde in der Pflege an.

„Krankenhäuser sind keine Fabriken – und Patienten sind keine Ware!“ prangt es auf einem Protestplakat im Kerzenschein. Und auf einem anderen wird neben Artikel 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) „mehr Zeit für die Patienten“ eingefordert.

Kaum ein Thema elektrisiert derzeit so wie der Pflegenotstand. Fachkräfte fehlen – und diejenigen, die die dringend notwendigen Aufgaben in Krankenhäusern und Pflegeheimen übernehmen, brennen oft aus. Nicht einmal acht Jahre lang bleiben die doch eigentlich dringend benötigten Pflegekräfte im Durchschnitt im Beruf. Viele Auszubildende gehen ohne Examen ab. Bald ist jede zweite Pflegekraft um die 50 und älter – und so wird der Pflegenotstand anhalten, wenn nichts Grundlegendes geschieht.

Simona Netz vom Pflegebündnis: „Wir reden hier von teilweise unmenschlichen Arbeitsbedingungen, von schlechter Bezahlung und von extremer Arbeitsverdichtung bei unzureichender personeller Ausstattung.“
Simona Netz vom Pflegebündnis: „Wir reden hier von teilweise unmenschlichen Arbeitsbedingungen, von schlechter Bezahlung und von extremer Arbeitsverdichtung bei unzureichender personeller Ausstattung.“ © Henning Noske

Und genau das ist die Ausgangslage für die Pflegekräfte, die am Samstag trotz des regnerischen Wetters eine Mahnwache auf dem Braunschweiger Schlossplatz abhalten.

Ihr Motto: „Ein Licht für die Pflege“. Veranstalter ist das Braunschweiger Pflegebündnis, in dem sich Pflegekräfte mehrerer Einrichtungen zusammengeschlossen haben. Dabei geht es auch um eine Lobby für ihren Beruf, die sie schmerzlich vermissen.

Kerzen flackern in der Abenddämmerung, Gesichter drücken Sorge aus. „Wir reden hier von teilweise unmenschlichen Arbeitsbedingungen, von schlechter Bezahlung und von extremer Arbeitsverdichtung bei unzureichender personeller Ausstattung“, erklärt Simona Netz vom Pflegebündnis, das an diesem Tag auch in anderen Niedersächsischen Städten zu Mahnwachen aufgerufen hat, so in Hannover, Lüneburg, Aurich und Bad Harzburg.

Die vom Bundesgesundheitsminister jetzt immerhin festgelegten Personaluntergrenzen empfindet man dabei aber nicht als beste Lösung. Vielmehr müsse sich die Ermittlung des notwendigen Personals doch am tatsächlichen Bedarf orientieren.

Dabei sind die Forderungen klar: Tarifverträge in allen Krankenhäusern – und mehr Geld für Auszubildende. Der Beruf müsse eben entsprechend seiner enormen Bedeutung attraktiv sein. Vielerorts sei eine menschenwürdige Pflege ja schon unmöglich und zur „Aufbewahrungspflege“ verkommen, die aber doch keiner wolle, wie es in schönen Reden immer beschworen werde.

Menschenwürde, Zeit für Patienten – Forderungen bei der Mahnwache.
Menschenwürde, Zeit für Patienten – Forderungen bei der Mahnwache. © Henning Noske

Mehr noch: Auch pflegende Angehörige sind oft die Leidtragenden. Sie machen die mit Abstand größte Gruppe in der Pflege aus, erhalten aber nach Ansicht der Organisatoren der Mahnwache zu wenig Entlastung und Unterstützung. „Es darf nicht arm machen, Angehörige zu pflegen“, sagt Simona Netz.

Und so lautet das Mantra dieser Mahnwache, der weitere folgen sollen: „Mehr von uns ist besser für alle!“ Wer jetzt noch nicht wach sei, der müsse sich doch fragen, was eigentlich noch passieren müsse, damit man den Ernst der Lage erkenne.

Informationen über das Pflegebündnis gibt es per E-Mail hier:

braunschweiger.pflegebuendnis@gmx.de