Braunschweig. Durch die Druckwelle wurden Fenster und Teile der Fassade zerstört. Wie durch ein Wunder wurde durch die Verpuffung niemand verletzt.

„Plötzlich war da ein lauter Knall. Ich wäre vor Schreck fast aus dem Bett gefallen. Dann war es wieder still.“ So schildert ein Bewohner, was er in der Nacht zum Montag in der städtischen Wohnungslosenunterkunft „An der Horst“ am Madamenweg erlebte. Am frühen Morgen gegen 2.40 Uhr gab es hier in einer Wohnung im 2. Obergeschoss eine gewaltige Verpuffung oder Explosion, nachdem ein Bewohner mit einer Gasflasche herumhantiert hatte. Es entstand erheblicher Sachschaden.

Wie durch ein Wunder sei keine Person verletzt worden, da sich zum Zeitpunkt der Verpuffung niemand in dem Raum aufgehalten hatte, erklärte Brandoberinspektor Michael Lüer, Einsatzleiter der Feuerwehr. In der städtischen Gemeinschaftsunterkunft ist theoretisch Platz für 79 wohnungslose Menschen, zurzeit leben dort laut Stadtverwaltung etwa 55 Personen.

Polizei äußert sich nicht zur genauen Ursache

Zu den genauen Umständen, die zur Explosion führten, äußerte sich die Polizei am Montag nicht. Nach Informationen unserer Zeitung soll der Mann, der mit der Gasflasche hantierte, psychische Probleme haben.

Feuerwehrangaben zufolge war der Feuerwehrleitstelle über Notruf ein „Brand“ in dem Wohngebäude gemeldet worden, woraufhin der Löschzug der Hauptwache sowie die Freiwillige Feuerwehr Lamme ausrückten.

Suchtrupps stellen Gasflasche sicher

Vor Ort stellte sich dann heraus, dass es nicht brannte – wohl aber zahlreiche Trümmerteile vor dem Wohngebäude herumlagen. Diese ließen laut Feuerwehr vermuten, dass es zu einer Verpuffung oder Explosion gekommen war. Das Fenster wurde dabei aus der Fassade gesprengt.

Aufgrund der zunächst unklaren Lage wurden elf Personen, die sich zu diesem Zeitpunkt noch im Gebäude aufhielten, durch die Feuerwehr ins Freie gebracht. Der Bereich um das Gebäude wurde zunächst zur Sicherheit abgesperrt.

Zur Erkundung der Ursache wurden Trupps mit Messgeräten eingesetzt. Hierbei stellte sich heraus, dass eine kleine Gasflasche wahrscheinlich die folgenreiche Verpuffung ausgelöst hatte. Durch die dabei entstandene Druckwelle wurden Fenster und Teile der Fassadenisolierung zerstört. Nach einer Überprüfung der Gebäudeteile durch die Feuerwehr konnten die Bewohner gegen 4 Uhr wieder in ihre Wohnungen. Der betroffene Raum wurde gegen das Betreten durch die Bewohner gesichert. Um ca. 4.30 Uhr war der Einsatz für die Feuerwehr beendet.

Zur Problematik in der Wohnungslosenunterkunft

Nach dem Gesetz kann jeder Braunschweiger Bürger, die keine Möglichkeit hat, eine eigene Wohnung oder ein eigenes Zimmer anzumieten oder nicht bei Verwandten oder Freunden wohnen kann, in einer Wohnungslosenunterkunft (Wohnheim, Wohngemeinschaft, Wohnung) der Stadt vorübergehend wohnen. Er ist allerdings verpflichtet, sich während dieser Zeit mit privatem Wohnraum zu versorgen.

Laut Stadtverwaltung war die Zahl der Wohnungslosen in den städtischen Unterkünften zuletzt gesunken: Vor 2015 waren es noch 293, dann 252 und 2017 nur noch 210 Personen.

Die Unterkunft An der Horst steht seit Jahren aber in der Kritik. Es sei zu beobachten, dass sich immer mehr Wohnungslose weigerten, in die Gemeinschaftsunterkunft zu ziehen. Lieber nähmen sie eine weitere Verschlechterung ihrer prekären Lage in Kauf, als die dortigen Mehrbettzimmer zu nutzen, sagte uns gestern Henning Voß, Leiter der Straffälligenhilfe Cura.

Was sagen die Wohnungslosen?

„Wir haben interne Befragungen gemacht. Das Ergebnis war, dass die Bewohner zum einen Angst vor Diebstahl haben, andererseits vor Gewalt durch Mitbewohner.“ Wenn ein Drogenabhängiger mit einem psychisch Kranken ein Zimmer teile, sei das sozialer Sprengstoff. Das könne man sich leicht ausmalen.

Die Stadt sei deshalb dazu übergegangen, nur noch Doppelzimmer zu vergeben. Voß: „Einzelzimmer und eine Privatsphäre sollten unserer Meinung nach Standard sein. 2- bis 4-Personen-Zimmer sind keine geeignete Eingangsoption für wohnungslose Menschen.“

Gerade Menschen, die aus Haft entlassen wurden, falle es schwer, sich ein Zimmer mit anderen zu teilen. „Viele sagen: Ich halte es da nicht aus. Dann gehe ich lieber in den Knast zurück. Da hatte ich wenigstens ein Einzelzimmer.“