Braunschweig. Es gibt eine deutliche Mehrheit. SPD und CDU stimmen dem Vorschlag des Oberbürgermeisters geschlossen zu. Aber noch einmal wird es hitzig

Mit deutlicher Mehrheit hat am Dienstag der Rat der Stadt entschieden: Richard Borek sen. wird Braunschweiger Ehrenbürger. Dies ist die höchste Ehre und Auszeichnung, die die Stadt zu vergeben hat. SPD, CDU und FDP stimmten geschlossen zu, die AfD in Teilen. Das reichte. Grüne, Linke und BIBS stimmten dagegen. Zuvor hatte es eine zum Teil hitzige Diskussion gegeben.

Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD) begründete seinen Vorschlag, Richard Borek zum Ehrenbürger zu ernennen. Zwar habe es nach seinem Vorschlag auch kontroverse Reaktionen gegeben, aber in einer Stadt mit vielen Meiningen sei dies normal. Jetzt gehe es darum, in möglichst großer Einmütigkeit Richard Boreks Verdienste um Braunschweig zu würdigen. Neben dem Einsatz der Borek Stiftung für die Schulsozialarbeit und das Hospiz sei dies auch, durch starken Einsatz und erhebliche finanzielle Mittel „Dinge, Plätze und Denkmäler wieder sichtbar gemacht zu haben, die zu unserer Identität gehören“.

Ulrich Markurth wörtlich: „Borek hat oft geholfen, bevor er gerufen wurde.“ Sein Engagement für das Quartier St. Leonhard sei herausragend, dieses Inklusions-Projekt habe Alleinstellung nicht nur in der Region, sondern auch weit darüber hinaus.

Um 17.50 Uhr verkündete der amtierende Ratsvorsitzende Peter Edelmann (CDU): „Mit deutlicher Mehrheit angenommen!“ Bereits um 17.55 Uhr ließ Richard Borek per E-Mail die vorbereitete Erklärung versenden: „Ich freue mich sehr, dass der Rat der Stadt Braunschweig heute meiner Ernennung zum Ehrenbürger meiner Heimatstadt zugestimmt hat. Das ist für mich eine ganz besondere und keineswegs selbstverständliche Auszeichnung. Ich danke Herrn Oberbürgermeister Ulrich Markurth dafür, dass er sie ermöglicht hat. Das Ziel der Richard Borek Stiftung und damit von meiner Frau und mir bleibt bestehen, unsere Möglichkeiten und Fähigkeiten für das Gemeinwohl der Stadt Braunschweig und des Braunschweiger Landes einzusetzen. Dieses Ziel werden wir weiterverfolgen. Der uns durch meine Ehrenbürgerschaft entgegengebrachte Respekt wird ein zusätzlicher Ansporn sein.“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christoph Bratmann hatte zuvor erklärt: „Ich bin weit davon entfernt, hier eine Lobrede auf Herrn Borek zu halten.“ Sozialdemokraten seien mit dem im konservativen Spektrum angesiedelten Borek häufig nicht einverstanden gewesen. Am Ende aber überzeuge sein Engagement und das der Stiftung im Sozialbereich. Politisch müsse man sich nicht nahestehen, „also stimmen wir zu“.

Für die BIBS-Fraktion hatten Peter Rosenbaum und Wolfgang Büchs harte Attacken gegen Richard Borek geritten. „Die Marionetten huldigen ihrem Strippenzieher“, sagte Büchs wörtlich. Das Projekt St. Leonhard sei „keine Wohltat, sondern knallhart kalkuliert“.

Rosenbaum warf Richard Borek vor, er besitze „eine gewisse Art der Besessenheit für die Zeit von 1933 bis 1945“. Das sei nicht gut für für einen Ehrenbürger, denn mit dem Namen Braunschweigs ­- allerdings des Freistaats - sei auch die Einbürgerung Adolf Hitlers verknüpft. „Diesen Schatten über Braunschweig ersparen Sie uns bitte“, so Rosenbaum.

Daraufhin intervenierte Oberbürgermeister Markurth und eilte noch einmal ans Mikrofon: „Ich hatte gehofft, dass Sie uns das ersparen würden“, sagte er in Richtung Rosenbaum, dem er zuvor in einem Zwischenruf „Besessenheit“ vorgeworfen hatte. Vater und Großvater Borek, so Markurth hätten unter den Nationalsozialisten im Gefängnis gesessen, die Boreks seien mit der jüdischen Familie Meyersfeld befreundet gewesen, mit ihrem Namen sei auch der Wiederaufbau der Braunschweiger Synagoge eng verknüpft. Markurth und Bratmann verwahrten sich dagegen, Richard Borek in die Nähe der nationalsozialistischen Ideologie zu rücken.

Elke Flake (Grüne) wandte sich grundsätzlich gegen das Instrument der Ehrenbürgerschaft. Es sei aus der Zeit gefallen, „weiße, alte Männer zu bestimmen“. Es sei da wieder einmal Zeit für eine Frau. Die Person Richard Boreks sei ohnehin nicht geeignet, zuviel Polarisierung, zuviel Wahlkampfhilfe für die CDU. Die AfD hatte zunächst Erika Borek für die Ehrenbürgerschaft vorgeschlagen, zog dies dann jedoch wieder zurück.

Torsten Köster (CDU) zeigte sich begeistert und glücklich: „Richard Borek hat sich immer zum Wohle seiner Heimatstadt eingesetzt. Es gibt niemanden, der sich bürgerschaftlich mehr für diese Stadt engagiert. Braunschweig wäre ohne ihn ärmer.“ Ganz besonders dankte Köster dem Oberbürgermeister für seinen Vorschlag.

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig die Ermittlungen nach Strafanzeigen gegen Richard Borek jun. eingestellt. Es gebe keinen Anfangsverdacht gegen den Geschäftsführer des Borek-Unternehmens, das weltweit mit Briefmarken handelt.Borek jun. war vorgeworfen worden, durch die Verbreitung von Briefmarken aus der Zeit von 1933 bis 1945 und Werbung dafür nationalsozialistisches Gedankengut und Nazi-Symbole verbreitet zu haben. Dies ist zu Propagandazwecken zwar strafbar, nicht jedoch zu Dokumentations- und Sammlerzwecken.Julia Meyer, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, teilte auf Anfrage unserer Zeitung mit: „Eine Ausnahme von der Straffreiheit wäre anzunehmen, wenn der Verkäufer als Sprachrohr einer verbotenen Organisation tätig ist oder massenhaft Artikel mit den verbotenen Kennzeichen zum Verkauf anbietet, um damit aktiv auf die politischen Frieden Einfluss zu nehmen.“ Dass die Verantwortlichen der Firma Borek GmbH und Co.KG mit dem Vertrieb der Sammlerstücke den politischen Frieden beeinträchtigen wollten, lasse sich nicht nachweisen.