Braunschweig. Sie stehen an der Hans-Sommer-Straße und am Rudolfplatz. Ihre Aufgabe: Ruß und anderen Feinstaub binden. Die TU begleitet das Projekt.

Lange war darüber diskutiert worden – jetzt sind sie da: zwei Mooswände. Am Gründonnerstag wurden sie am Rudolfplatz und auf dem Mittelstreifen der Hans-Sommer-Straße aufgestellt . Sie sollen Ruß und Feinstaub binden und damit für eine bessere Luft sorgen. Ob sie auch wirklich halten, was sie versprechen, wird ein Forschungsprojekt der Technischen Universität zeigen.

Diskussionen hatte es im Vorfeld gegeben, weil der Nutzen umstritten ist. Der Anbieter der Mooswände, das Unternehmen „Green City Solutions GmbH“, verspricht einen großen Effekt: Demnach soll jede Wand Ruß in einem Umfang aus der Luft filtern, der umgerechnet 240 Tonnen Kohlendioxid (CO2) pro Jahr entspricht.

Der Bezug zum Kohlendioxid wird oft genutzt, um den Ausstoß verschiedener Luftschadstoffe vergleichbar zu machen. Mit diesen Mengenangaben lässt sich in der Regel aber nicht viel anfangen. Deswegen hier zur Orientierung einige weitere Zahlen: Ein Waschmaschinen-Durchlauf bei 90 Grad kann grob geschätzt ein Kilogramm CO2 verursachen. Wer im Stadtverkehr 100 Kilometer mit dem Kleinwagen zurücklegt, kommt ungefähr auf 18 Kilogramm – je nach Fahrweise und Modell. Und ein Flug von Braunschweig nach Mallorca und zurück kann um die 1000 Kilogramm CO2 pro Kopf in die Atmosphäre pusten, also eine Tonne CO2.

Die Wände sind drei mal vier Meter groß und beidseitig begrünt.
Die Wände sind drei mal vier Meter groß und beidseitig begrünt. © Peter Sierigk

Auch andere Städte haben Mooswände

Einige Städte in Deutschland haben schon Mooswände aufgestellt, darunter Hamburg, Stuttgart und Freiburg. In Braunschweig sind sie Teil des Modellprojektes „Integrierter Klimaschutz mit urbanem Grün“, das unter anderem auch die Fassadenbegrünung städtischer Gebäude und das Pflanzen von mehreren 100 Bäumen vorsieht. Das Bundesministerium für Umwelt fördert dieses Projekt mit fast zwei Millionen Euro.

Die Mooswände sind drei mal vier Meter groß und beidseitig begrünt. Wie die Stadtverwaltung mitteilt, messen Sensoren permanent die Feuchtigkeit in den Pflanztöpfen. Die Bewässerung erfolgt automatisiert – in den Wänden befinden sich 1000 Liter-Wassertanks.

Moos wandelt Feinstaub in Biomasse um

Dem Hersteller zufolge kommen in den Mooswänden vor allem Laubmoose zum Einsatz. Sie haben so klangvolle Namen wie graue Zackenmütze und purpurstieliges Hornzahnmoos. Durch ihre vielen dicht gestellten Blättchen haben sie eine deutlich größere Oberfläche als andere Pflanzen – und dadurch können sie besonders viel Feinstaub aufnehmen. Die Stadtverwaltung erklärt den Vorgang so: „Gelangt Feinstaub in Kontakt mit feuchtem Moos, wird er elektrostatisch gebunden und vom Moos verstoffwechselt, also aufgenommen und in Biomasse umgewandelt.“

In erster Linie geht es um Dieselruß vom Straßenverkehr und um Ruß aus alten Kaminen. Ruß habe ein siebenfach höheres Klimaschädigungspotenzial als Kohlenstoffdioxid, so die Stadt. „Die Rußpartikel absorbieren in der Luft Sonnenstrahlen und erwärmen so direkt die Umgebungsluft. Zum anderen verursacht Ruß mehr Wolken und behindert dadurch den atmosphärischen Austausch. Dies erwärmt die Atmosphäre und diese Wärme wird in den Ozeanen gespeichert. Den größten Einfluss auf das Klima hat Ruß aufgrund seiner dunklen Farbe: Vor allem in der Arktis lagert sich Ruß auf Schnee- und Eisflächen ab, verändert deren Strahlungsverhalten und verursacht damit eine frühere und intensivere Schneeschmelze.“

Standorte mit hohem Verkehrsaufkommen gewählt

Für die Mooswände hat die Stadtverwaltung Straßen mit viel Verkehr ausgewählt:Am Rudolfplatz sind es demnach täglich rund 79.000 Fahrzeuge, auf der Hans-Sommer-Straße etwa 25.000. In einem Jahr soll die Wand von der Hans-Sommer-Straße an die Hansestraße umgesetzt werden – dort kommen pro Tag fast 16.000 Fahrzeuge entlang, vor allem viele Lastwagen.

Wissenschaftler der TU begleiten das Projekt

Das Institut für Geoökologie der TU Braunschweig wird die beiden Mooswände ganz genau unter die Lupe nehmen. In den Wänden sind Messinstrumente eingebaut, die zum Beispiel die Rußmassen-Konzentrationen messen. Wie die Stadt mitteilt, erhalten die Wissenschaftler vom Hersteller die entsprechenden Rohdaten und werten diese aus. Dann soll sich zeigen, welchen Beitrag die Mooswände tatsächlich zum Klimaschutz leisten können.