Braunschweig. Neues Notfall-Management – Auch in Braunschweig wollen sich Krankenhäuser und Rettungsdienst jetzt digital vernetzen.

Ist ein OP frei? Und der Kernspintomograf? Steht gerade ein Intensivbett mit Beatmungsmöglichkeit zur Verfügung? Das digitale Meldesystem „Ivena“ soll noch in diesem Jahr auch in Braunschweig die Notfallrettung verbessern und die Sicherheit für Notfall-Patienten erhöhen. Künftig wird die Besatzung eines Rettungswagens nicht erst herumtelefonieren müssen, welches Krankenhaus angefahren werden kann.

Dank „Ivena“ erkennen Rettungsdienstler auf ihrem Tablet auf einen Blick, welche Klinik für einen Patienten mit einer bestimmten Diagnose aufnahmebereit ist. Sind einzelne Kliniken oder Stationen komplett belegt, dann melden sie sich ab.

Ob in Berlin oder Hannover – die Notfallplattform wird bundesweit bereits in vielen Städten und Gemeinden genutzt. Braunschweig war bislang ein weißer Fleck auf der Landkarte.

Doch hat es die niedersächsische Sozial- und Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) zum Ziel erklärt, „Ivena“ in ganz Niedersachsen zu etablieren. 2,8 Millionen Euro stellt das Land für das Projekt zur Verfügung. Derzeit werde „Ivena“ in 72 niedersächsischen Krankenhäusern entweder bereits verwendet oder stehe vor der Einführung, heißt es seitens des Ministeriums.

Die Digitalisierung des Notfallmanagements soll einen schnellen Datenaustausch zwischen Rettungsleitstelle, Rettungsdienst und Krankenhäusern ermöglichen: Mithilfe der Software können in Echtzeit die aktuellen Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten der Krankenhäuser mobil abgerufen werden.

Wie es seitens der Stadtverwaltung heißt, gibt es in Braunschweig erste Vorplanungen. Zunächst müssten sich die Krankenhäuser dem System anschließen. Im zweiten Schritt statte der Braunschweiger Rettungsdienst die Rettungswagen mit der Software aus.

In der Integrierten Regionalleitstelle Braunschweig-Peine-Wolfenbüttel sei die Einführung für Mitte 2019 geplant, da umliegende Krankenhäuser und Rettungsdienste dann bereits „Ivena“ nutzen würden, teilt Stadtsprecherin Juliane Meinecke auf Anfrage mit.

In Braunschweig wird das neue Notfallmanagement das traditionelle Verfahren der „Stadtaufnahme“ ablösen.

Bisher teilen das Städtische Klinikum, das Marienstift und das Herzogin-Elisabeth-Hospital die Aufnahmetage untereinander auf: Montag bis Dienstag fährt der Rettungsdienst das Marienstift an, dienstags das Herzogin-Elisabeth-Hospital und an den übrigen Tagen das Klinikum als Maximalversorger.

Indes greift dieses Aufnahmesystem immer weniger: Denn gemäß neuen gesetzlichen Vorgaben organisiert nicht mehr nur das Städtische Klinikum eine Rund-um-die Uhr-Bereitschaft. Auch das Marienstift und das Herzogin-Elisabeth-Hospital haben ihre Notaufnahmen täglich 24 Stunden geöffnet, um sich an der Notfallversorgung in Braunschweig zu beteiligen. Das wiederum ebnet erst den Weg zur Einführung von „Ivena“.

„Es ist politisch gewollt, dass die Notfallversorgung nicht auf den Schultern weniger Krankenhäuser liegt“, bestätigt Dr. Thomas Bartkiewicz, Ärztlicher Direktor des Klinikums. Wobei das Klinikum in Braunschweig schweren Fällen, die über die medizinische Grund- und Regelversorgung hinausgehen, im Notfall einzige Anlaufstelle bleibe. Gleiches gelte regional für Schwerstverletzte und bei Risikogeburten.

Über die Klinikum-Tochter skbs.digital GmbH planen das Klinikum und das Marienstift derzeit den Anschluss an „Ivena“. Laut Monika Skiba, Geschäftsführerin der Stiftung Herzogin Elisabeth Hospital, ist das HEH aktuell ebenfalls mit der Umsetzung des Projektes beschäftigt.

Wie Klinikum-Projektleiter David Skiba erläutert, ist das Ziel eine intelligente Patientensteuerung. Der Rettungsdienst füttert das System mit der Verdachtsdiagnose, dem Alter und Angaben zur Priorität von „akuter Lebensgefahr“ bis hin zu „nicht lebensbedrohlich“.

Zum Beispiel: Herzinfarkt, 39 Jahre, akute Lebensgefahr. Angesichts dieser Daten erkenne das System sofort: Das anzufahrende Krankenhaus muss über ein Herzkatheterlabor und eine internistische Intensivstation verfügen.

Ivena meldet das nächstgelegene Krankenhaus, das diese medizinische Leistung bietet – und nicht gerade zum Beispiel gemeldet hat, dass das Herzkatheterlabor ausgelastet ist oder alle Intensivbetten belegt sind.

Im Gegenzug erfahren auf dem digitalen Weg auch die Kliniken, welcher Rettungswagen mit welchem Patienten sie gerade ansteuert.

Im Rahmen der Grund- und Regelversorgung könnten so Kapazitäten genutzt werden, sagt Bartkiewicz. Er hält es für wünschenswert, dass sich zur besseren Steuerung alle umliegenden Krankenhäuser in der Region an „Ivena“ beteiligen.