Braunschweig. Das Mehrgenerationenhaus im Westlichen Ring macht als Nachbarschaftszentrum seinem Namen alle Ehre.

Mehrmals pro Woche kommt Carina Al-Hashemi mit ihrer zwölf Monate alten Tochter Lea ins Mehrgenerationenhaus in der Hugo-Luther-Straße 60a. Die 23-Jährige ist erst vor einem halben Jahr ins Westliche Ringgebiet gezogen. Sie isst häufig mit Lea im Café des Hauses zu Mittag, spielt mit ihr im Spielezimmer – und kommt vor allem mit Menschen in Kontakt – anderen Kindern, Müttern, mittelalten Besuchern und Senioren. „Im Café lernt man die ganze Nachbarschaft kennen“, strahlt die Mutter.

„Wir haben Gäste von 0 bis 80 Jahren, manchmal darüber hinaus“, sagt Monika Döhrmann, eine der Geschäftsführerinnen des Mütterzentrums Braunschweig. Der Verein ist Träger des Projekts Mehrgenerationenhaus. Das Gebäude gehört der evangelisch-lutherischen Kirche im westlichen Ringgebiet, die durch Diakon Ulrich Böß vertreten ist. Als Dritter im Bunde gehört das Stadtteilbüro Plankontor um Quartiermanagerin Marion Tempel zu den drei Institutionen, die seit 1. April 2004 ein integriertes Stadtteilentwicklungskonzept mit Leben füllen.

Das Mehrgenerationenhaus ist in dieser Art das erste Nachbarschaftszentrum der Stadt, mittlerweile gibt es ähnliche Konzepte im Heidberg, der Weststadt und im Siegfriedviertel. In der Hugo-Luther-Straße ist man stolz auf täglich 220 bis 250 Besucher. Das Haus ist ein gut frequentierter Anlaufpunkt für die Bewohner des westlichen Ringgebiets und je nach Anlass darüber hinaus.

„Was habe ich für ein Glück, das ich hier hingezogen bin“, sagt Carina Al-Hashemi, und auch viele, die schon lange im Sanierungsgebiet Soziale Stadt im Süden des Stadtteils wohnen, würden diese Aussage wohl unterschreiben.

Al-Hashemi ist über den Second-Hand-Laden des Mehrgenerationenhauses, den Ehrenamtliche betreiben, aufmerksam geworden, sie hat dort die Erstausstattung für Lea gekauft. „Der Second-Hand-Laden ist ein Geschenk!“, betont die junge Mutter.

Dass das Nachbarschaftszentrum in der Hugo-Luther-Straße so floriert, liegt aber auch an dem „freundlichen und hilfsbereiten Personal“, wie Dieter Licht (76) betont. Der Stammgast meint die Mischung aus hauptberuflichen Voll- und Teilzeitkräften, Ehrenamtlichen, Bundesfreiwilligendienstleistenden wie Michaela Karpa, die zunächst auch als Mutter und Gast in das Haus kam, und von Besuchern, die sich „füreinander interessieren“, so wie Licht. „Man weiß vorher nie, mit wem man ins Gespräch kommt und wessen Schicksal man kennenlernt und vielleicht spontan hilft. Das ist hier wie ein Schmelztiegel.“

Zusammen mit Heimatpfleger Klaus Hoffmann hat er schon mal einen Besucher begleitet, der ein Handicap hatte und später ins Pflegeheim umziehen musste. „Da haben wir ihn weiterhin besucht, inzwischen ist er aber gestorben“, berichten Licht und Hoffmann.

Der Kontakt zu anderen, die Bereitschaft zur Anteilnahme und zur Hilfe, und sei es, mal jemanden in einer schwierigen Situation zu motivieren, machen das spezielle Flair des Mehrgenerationenhauses aus. Aber auch die „Vielfalt der Angebote, von offener Kinderbetreuung über Mittagessen bis zu Sozialberatung“ , wie Klaus Lehmann betont. Der 54-Jährige, der sich gerade beruflich umorientiert, genießt, dass er nicht täglich für sich allein kochen muss – und das Plaudern mit Nachbarn: „Auf der Straße kommt man nicht so leicht ins Gespräch.“

Und schon gar nicht mit so vielen Menschen, was Herkunft und Alter betrifft. Im einen Zimmer spielen Babys, im anderen trifft sich der Altenkreis oder die Strickgruppe mit vielen türkischen Frauen, und ins Café kommen mittags auch Berufstätige aus den Firmen am Westbahnhof.

Um im Mehrgenerationenhaus willkommen zu sein, muss nur eine Forderung erfüllt sein: tolerant und respektvoll mit anderen Besuchern umzugehen. Und das schaffen alle...