Braunschweig. Autofahrer sollen damit frühzeitig auf Einsatzfahrzeuge aufmerksam gemacht werden, noch bevor diese zu sehen oder zu hören sind.

Die Feuerwehr Braunschweig wappnet sich mit dem „digitalen Blaulicht“ für die Zukunft: Wie die Stadtverwaltung mitteilt, ist sie die erste in Deutschland, die mit der neuesten Technik ausgestattet ist, um den Verkehr in naher Zukunft in der Umgebung vor nahenden Einsatzfahrzeugen zu warnen. Durch das „digitale Blaulicht“ sollen Autofahrer frühzeitig auf Einsatzfahrzeuge aufmerksam gemacht werden, noch bevor diese optisch oder akustisch wahrnehmbar sind. Dadurch könne bereits frühzeitig eine Rettungsgasse gebildet werden und die Einsatzkräfte kommen schneller ans Ziel. Außerdem sorge das System für mehr Sicherheit, wenn sich Einsatzfahrzeuge aus nichteinsehbaren Straßen nähern. Grundlage des Systems ist der Stadt zufolge eine neue Funktechnik, genannt Car2Car-Kommunikation. Diese warnt den Fahrer über eine Anzeige im Display des Autos.

Die Einführung des „digitalen Blaulichts“ ist ein Zwischenergebnis des Forschungsprojekts SIRENE, an dem sich die Feuerwehr seit November 2017 beteiligt. Partner des Forschungsprojekts sind außerdem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Institut für Automation und Kommunikation e.V. Magdeburg (ifak), die GEVAS mbH, die PTV Group sowie die AFUSOFT Kommunikationstechnik GmbH. Das Konsortium besteht seit September 2017 und wird finanziell vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen des Modernitätsfonds „mFUND“ gefördert.

„Die Einführung des digitalen Blaulichts und die Beteiligung am Forschungsprojekt SIRENE ist für die Stadt Braunschweig ein Leuchtturmprojekt“, sagt Feuerwehrdezernent Claus Ruppert. „Das Projekt ist auch Teil unseres Feuerwehrbedarfsplans, mit dem wir die Feuerwehr Braunschweig für die Zukunft aufstellen. Ziel aller Vorhaben im Feuerwehrbedarfsplan ist es, dass die Einsatzkräfte noch schneller am Brand- oder Unfallort sind als bisher.“

Ziel des Projekts sei es unter anderem, eine „grüne Welle“ für die Einsatzfahrzeuge zu erzeugen. Dafür wurden zunächst zwei Einsatzfahrzeuge mit Geräten der Firma AFUSOFT GmbH ausgestattet, die mit Ampelanlagen kommunizieren und das Signal für das „digitale Blaulicht“ aussenden. „Das System basiert auf der international standardisierten, kryptographisch gesicherten ETSI G5-Technologie, welche auch im europäischen Korridorprojekt zwischen Rotterdam und Wien zum Einsatz kommt. Es ist alltagstauglich und zukunftssicher“, erklärt Prof. Erich H. Franke, der Geschäftsführer von AFUSOFT. „Es sendet die Warnung vor dem sich nähernden Einsatzfahrzeug über mehrere hundert Meter an den Verkehrsteilnehmer in der Umgebung.“ In einem ersten Test mit einem Versuchsfahrzeug des Instituts für Verkehrssystemtechnik des DLR sei das System bereits erfolgreich eingesetzt worden.

Damit die Anzeige von Autos empfangen werden kann, müssen diese über eine Car2Car-Schnittstelle verfügen. Bisher verfügen Autos noch nicht über diese Technik, doch neue Wagen sollen schon bald damit serienmäßig ausgestattet werden. Daher rechnen die Projektpartner in Braunschweig mit einer raschen Marktdurchdringung, sodass das „digitale Blaulicht“ schnell Verbreitung findet. Mit steigendem Anteil der Car2Car-kommunikationsfähigen Fahrzeuge auf den Straßen steigt auch der Nutzen des Systems.

Künftig werden drei weitere Fahrzeuge ausgestattet, so dass insgesamt fünf Einsatzfahrzeuge Car2Car-Meldungen versenden können. Diese Fahrzeuge sollen der Stadtverwaltung zufolge im weiteren Projektverlauf auch in der Lage sein, die „grüne Welle“ entlang des westlichen Stadtrings anzufordern. Dieser Schritt ist für das zweite Halbjahr 2019 geplant. Das DLR betreibt mit Unterstützung des Bundes, des Landes und der Stadt entlang des Innenstadtrings die sogenannte Anwendungsplattform Intelligente Mobilität (AIM). Insgesamt 36 Ampelkreuzungen hat das DLR dort mit der neuesten Kommunikationstechnik ausgestattet. „Als Testfeld für automatisiertes und vernetztes Fahren in der Stadt ist AIM die perfekte Plattform für die Weiterentwicklung der Technologie in SIRENE“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Katharina Seifert, Direktorin des DLR-Instituts für Verkehrssystemtechnik. „Die ausgestatteten Kreuzungen leiten die Car2Car-Meldungen weiter. So vergrößern wir die Reichweite und erhöhen die Effektivität des Systems.“ Insgesamt läuft das Forschungsprojekt bis September 2020.