Braunschweig. Beim Jahresempfang mahnt die Arbeitsgemeinschaft sozialen Frieden an. Und sie benennt aktuelle Herausforderungen.

Der Jahresempfang in der Dornse des Altstadtrathauses ist für die fünf Wohlfahrtsverbände AWO, Caritas, Diakonie, DRK und Paritätischer stets ein wichtiger Termin. Gunter Kröger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände (AGW), machte dabei klar: Es gehe darum, gesellschaftliche Herausforderungen zu benennen, die auch die Wohlfahrtsverbände stark tangierten.

Bei allen Unterschieden arbeiten diese, wie auch gestern Abend sichtbar wurde, an einem gemeinsamen Ziel: Es gehe darum, den sozialen Frieden in der Gesellschaft zu wahren – in einer Gesellschaft, die immer weiter auseinanderfalle.

In einer kürzlich veröffentlichen Untersuchung, so Gunter Kröger (AWO), werde davon ausgegangen, dass ein Fünftel der Bevölkerung in der Bundesrepublik armutsgefährdet seien. „Und das in einem eigentlich so reichem Land.“ Der Zustand einer Gesellschaft lasse sich auch immer daran ablesen, „wie sie mit den Schwächsten in der Gesellschaft umgehen“.

So werde eine stetig wachsende Zahl von Menschen von der Lohnentwicklung abgekoppelt. Leider gelte heute, so Kröger, nicht mehr der Grundsatz: Wächst die Wirtschaft, profitieren alle Menschen davon. Gefordert werden müssten mithin „entschlossene Maßnahmen gegen Ausgrenzung, für mehr soziale Sicherheit und mehr Investitionen für Soziales, Bildung, Pflege, Kultur und Jugend“. Eine gerechte Gesellschaft sei auch die entscheidende Grundlage für eine demokratische Gesellschaft.

Das führte Kröger zu seiner zweiten Kernaussage: Durch starke Zunahme von Rechtspopulismus und Rechtsextremismus werde ein eigentlich funktionierendes demokratisches System auf die Probe gestellt. Zunehmende Gleichgültigkeit bedrohe das politische System. Demokratie bedeute eben auch Verantwortung, sich immer wieder für die Demokratie einzusetzen.

In Braunschweig, so der Sprecher, existiere eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen AGW, Politik und Sozialverwaltung. Er dankte den Sponsoren des Abends – Braunschweigische Landessparkasse, Öffentliche Versicherung, BS-Energy, Restaurant Tandure und Kalksandsteinwerk Wendeburg. Ebenso galt der Dank Harald Tenzer und seinem Team für die Organisation des Jahresempfangs.

Braunschweigs Bürgermeisterin Annegret Ihbe würdigte in der vom Duo Jan Behrens und Jürgen Osterloh musikalisch umrahmten Veranstaltung „die herausragende Arbeit, die die Wohlfahrtsverbände für Stadt und Gesellschaft leisten“. Ohne das Wirken der AGW-Mitglieder wäre die soziale Versorgung in Braunschweig kaum vorstellbar.

Welchen Stellenwert die Stadt der Kooperation mit den Wohlfahrtsverbänden beimesse, unterstrichen auch Mittel „im mittleren zweistelligen Millionenbereich“, die sie den Mitgliedern der AGW zur Verfügung stelle. Dort seien neben mehr als 5100 Mitarbeitern auch 3200 Freiwillige engagiert – „eine starke gesellschaftliche Kraft“.

Dies unterstrich mit Henning Radmacher auch einer der Sponsoren. Selbst seit seinem 17. Lebensjahr nach einem Unfall an den Rollstuhl gebunden, habe er erlebt, wie wertvoll die Hilfe von professionellen Kräften und Ehrenamtlichen sei. An ihrem Platz, in ihren Institutionen und Verbänden seien sie es, die die Herzen der Menschen erwärmten. Auf sie und die entsprechende Wertschätzung für sie komme es an, so Radmacher unter Beifall. „Erst Menschen wie Sie alle hier ermöglichen es Menschen mit Behinderungen, an einem normalen Leben teilzuhaben“, sagte er. Zum Thema gehöre auch ein angemessenes Gehalt für Pflegekräfte.

Annegret Ihbe sagte, eine besondere Herausforderung für die Stadt sei die Schaffung neuer Kinderbetreuungsplätze. Die finanziellen Spielräume seien jedoch begrenzt, so sei man auch mit den Einnahmen aus der Gewerbesteuer „nicht glücklich“.

Im laufenden Jahr würden im Stadtgebiet sechseinhalb zusätzliche Krippengruppen eingerichtet, im Kitabereich seien es sieben. Der Rat der Stadt habe im November einen weiteren bedarfsgerechten Ausbau der Kita- und Krippenplätze beschlossen. Sie sei überzeugt, dass sich die Mitglieder der AGW dabei stark einbringen würden.

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