Braunschweig. Die Bürgerinitiative Baumschutz erhebt mehrere Vorwürfe. Fachbereichsleiter Loose reagiert – und erklärt die Vorwürfe für unzutreffend.

Anfang November entscheidet der Rat, was aus den Bäumen auf der Jasperallee zwischen Theater und Ring wird. Es handelt sich um 87 Ahorne – die meisten mit eingeschränkter bis schlechter Vitalität. Die Stadtverwaltung empfiehlt, sie zu fällen und bis 2020 durch 114 junge Linden zu ersetzen. Reine Nachpflanzungen in vorhandenen und künftigen Lücken seien nicht sinnvoll, heißt es, weil neue Bäume dann keine guten Wuchsbedingungen hätte.

Der Bezirksrat Östliches Ringgebiet befürwortet dieses Vorgehen mehrheitlich. Die Bürgerinitiative Baumschutz ist jedoch strikt dagegen. Sie hatte sich kürzlich an Oberbürgermeister Ulrich Markurth gewendet und mehrere Vorwürfe erhoben: So habe der Gutachter zwei Bäume beurteilt, die es auf der Jasperallee gar nicht gebe. Zudem sei es nicht vertrauensfördernd, dass der Gutachter derselben Partei angehöre wie der fürs Stadtgrün zuständige Dezernent Christian Geiger. Und die Visualisierung der Jasperallee mit jungen Linden, die seitens der Stadt in Auftrag gegeben wurde, entspreche nicht der Realität, sondern sei manipulativ, so die Bürgerinitiative: Die jungen Linden sollen mit einer Höhe von fünf bis sieben Metern gepflanzt werden, die Visualisierung zeige aber Linden mit einer Höhe von neun bis zehn Metern.

Auf diese Vorwürfe hat der zuständige Fachbereichsleiter Michael Loose nun geantwortet, wie die Stadtverwaltung mitteilt. In dem Schreiben heißt es erstens: „Der Fehler im Baumkataster entstand durch zwei Fehleintragungen für den in Rede stehenden Abschnitt der Jasperallee zwischen Ring und Staatstheater, der dem Gutachterbüro Fischer, Dr. Scherer und Partner GmbH als Arbeitsgrundlage zur Verfügung gestellt wurde.“ In beiden Fällen habe der Gutachter Bäume bewertet, die es tatsächlich noch gebe, die versehentlich aber mit Katasternummern bereits gefällter Bäume versehen gewesen seien. Die Fehlbezeichnung habe keinen Einfluss auf die sachlich zutreffende Bewertung der betreffenden Bäume.

Im zweiten Punkt geht Loose auf den Vorwurf der Voreingenommenheit des Gutachters ein: „Der Gutachter Dr. Hans-Georg Scherer ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. Die Parteimitgliedschaft eines Sachverständigen hat keinen Einfluss auf die Sachkunde.“ Insofern gebe es keinerlei Anlass, erneut ein Baumgutachten in Auftrag zu geben, wie die Bürgerinitiative es fordert.

Drittens erläutert Loose, dass die Visualisierung durchaus eine Baumhöhe von fünf bis sieben Metern zeige. Die von der Bürgerinitiative als Gegenmodell entworfene Ansicht verkenne die Besonderheiten von mit Weitwinkelobjektiven aufgenommenen Fotos. „Hierbei werden Linien am Bildrand stärker verzerrt als Linien in der Bildmitte. (...) Die Schlussfolgerung, dass die Bäume in der Visualisierung neun bis zehn Meter hoch sind, ist nicht zutreffend. Richtig ist, dass die Bäume in der Darstellung eine Höhe von cirka sieben Metern haben.“

Diese Visualisierung der Agentur Typografix hat die Stadt zur Verdeutlichung um konkrete Maße ergänzt.
Diese Visualisierung der Agentur Typografix hat die Stadt zur Verdeutlichung um konkrete Maße ergänzt. © Stadt Braunschweig

Loose kommt zu dem Fazit, dass die Behauptungen der Bürgerinitiative in der Sache unzutreffend seien. „Es gibt deshalb keinen Anlass, die fachliche Richtigkeit des Gutachtens oder die Sach- und Fachkunde des Gutachters anzuzweifeln“, schreibt er. „Somit läuft derzeit auf fachlich zutreffender Grundlage ein demokratischer Willensbildungsprozess der zuständigen politischen Gremien, der am 6. November im Rat der Stadt Braunschweig endet.“

In der gemeinsamen Sondersitzung des Grünflächenausschusses und des Planungs- und Umweltausschusses am 24. Oktober hätten alle am Thema interessierten Bürger noch einmal die Möglichkeit, im Rahmen einer Einwohnerstunde Fragen zu stellen.

Die Bürgerinitiative hofft, den Plan der Verwaltung noch kippen zu können. Sie fordert, entstandene und entstehende Lücken einfach wieder zu bepflanzen. Doch aus Sicht der Stadtverwaltung und des Gutachters hätten neue Bäume dann keine Chance, weil im Boden jede Menge Bauschutt liegt, der das Wachstum ebenso behindern würde wie das Wurzelwerk und der Schatten der Altbäume. Und der Bauschutt lasse sich nur entfernen, wenn alle Bäume verschwänden.