Osterode am Harz. Ab dem 1. April ist das Rauchen von Cannabis in Deutschland nicht mehr verboten. Doch es gibt Auflagen – was bedeutet das für Osterode am Harz?

Nach langem Hickhack ist es endlich geschafft: Die Cannabis-Legalisierung ist beschlossene Sache, am Mittwoch unterzeichnet auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das neue Gesetz. Müssen sich ab 1. April Bürgerinnen und Bürger demnach auf grünen Dunst in den Innenstädten, Parks und Straßen von Osterode am Harz gefasst machen? Jein. Denn natürlich gibt es Auflagen durch den Gesetzgeber. Wie gestaltet sich das in der Theorie in der Stadt an der Söse?

Cannabis-Legalisierung: Das soll ab 1. April erlaubt sein

Seit dem 1. April ist Cannabis in Deutschland unter Auflagen für über 18-Jährige legal. Für Erwachsene sind bis zu 25 Gramm Cannabis pro Tag erlaubt, im privaten Raum dürfen maximal 50 Gramm pro Monat aufbewahrt werden.
18- bis 21-Jährige dürfen maximal 30 Gramm pro Monat bekommen (mit einer Obergrenze beim Wirkstoffgehalt von maximal 10 mg). Allerdings ist der private Eigenanbau auf drei Cannabis-Pflanzen für den eigenen Konsum beschränkt. Ab Juli dürfen auch Anbauvereinigungen Cannabis anbauen und unter ihren Mitgliedern herausgeben. In den Cannabis-Clubs darf Cannabis aber nicht konsumiert werden.

In der Öffentlichkeit darf Cannabis nur konsumiert werden, wenn ein Mindestabstand von 100 Metern zu Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen und öffentlich zugänglichen Sportstätten eingehalten wird. In Innenstädten darf von 7 bis 20 Uhr kein Gras geraucht werden. Da, wo nach den gesetzlichen Vorschriften der Bundesländer das Rauchen noch erlaubt ist, ist auch Cannabis-Konsum grundsätzlich gestattet.

Im Straßenverkehr ist der THC-Grenzwert auf einen Nanogramm pro Milliliter Blutserum beschränkt. Darüber hinaus drohen 500 Euro Bußgeld, Fahrverbot, zwei Punkte in Flensburg und im schlimmsten Fall der Entzug des Führerscheins.

Generell gilt, dass die politischen Entscheider dem Thema Jugendschutz einen hohen Wert beimessen wollten. Für das Rauchen von Cannabis in unmittelbarer Nähe zu Einrichtungen, die maßgeblich von Kindern und Jugendlichen genutzt werden, gelten klare Richtlinien: Im Abstand von 100 Meter rund um Schulen, Kitas, Jugendzentren, Spielplätzen und öffentlich zugänglichen Sportstätten, beziehungsweise in Sichtweite dazu, ist das Rauchen von Cannabis verboten. Das ist zwar immerhin nur halb so viel Abstand wie ursprünglich angedacht, erzeugt aber trotzdem eine relativ unübersichtliche Lage in den meisten Orten. Auf der Online-Karte des Harz Kurier ist die unübersichtliche Lage ganz gut zu erkennen: Wer einen Ort zum Cannabiskonsum sucht, muss gewisse Wege auf sich nehmen.

Flickenteppich: In Sichtweite und im Abstand von 100 Meter um Schulen, Kitas, Jugendzentren, Spielplätzen und öffentlich zugänglichen Sportstätten ist das Rauchen von Cannabis untersagt.
Flickenteppich: In Sichtweite und im Abstand von 100 Meter um Schulen, Kitas, Jugendzentren, Spielplätzen und öffentlich zugänglichen Sportstätten ist das Rauchen von Cannabis untersagt. © FMN | Bildschirmfoto

Kiffen vor der Schachtruppvilla? So ist‘s geregelt

Das heißt prinzipiell: Wer auf dem Kornmarkt gemütlich einen kiffen möchte, muss die 100-Meter-Abstand zum nächsten Spielplatz beachten – das wäre der Spielplatz an der alten Stadtmauer. Hieße also: Der geneigte Cannabis-Enthusiast muss bis zum Martin-Luther-Platz laufen, bevor er sich die Lunge vollsaugen darf. Doch diese Schlussfolgerung ist nicht ganz richtig: Der Gesetzgeber verbietet das Kiffen nämlich in Fußgängerzonen zwischen 7 Uhr und 20 Uhr.

Dann eben in den Park vor der Schachtruppvilla? Aber auch hier greift die Regel des Jugendschutzes: Das Tilman-Riemenschneider-Gymnasium ist ja nur wenige Schritte entfernt. Gleichwohl ist klar, dass es für Polizei und Ordnungsamt schwierig sein dürfte, solche Verstöße im ganzen Stadtgebiet unter freiem Himmel überall entsprechend zu maßregeln. Ob die Regelungen funktionieren oder nachgeschärft werden müssen, wird wohl erst die Zeit zeigen.

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Was sagt die Fachstelle für Suchtprävention in Osterode zur Legalisierung?

So ähnlich sieht das auch die Fachstelle für Sucht und Suchtprävention in Osterode. Grundsätzlich begrüßen Christoph Isermann und Rieke Miessalla für die Fachstelle die Regelungen: „Prävention von riskanten Konsummustern und der Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung sind immer wichtig und notwendig“, schreiben sie unserer Redaktion auf Nachfrage. Aus den Regelungen der Bundesregierung würden sie eine präventive Absicht herauslesen. Dennoch sei es aber darüber hinaus erforderlich zu überlegen, inwiefern Suchtprävention bestmöglich finanziert und ausgestattet werden könne, um Jugendliche in Bezug auf Cannabis aufklären zu können.

Kommt dann auf die Fachstelle in Osterode nun mehr Arbeit zu, wenn Cannabis ab April legal ist? Das lässt sich aus Sicht von Isermann und Miessalla nicht pauschal beantworten. Im Bereich Suchtprävention ist die Nachfrage zu Präventionsworkshops von Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen bereits deutlich gestiegen, berichten sie. Bei der Beratung vom Betroffenen sei noch keine Prognose absehbar: „Für die Beratungsarbeit ist grundsätzlich, dass Menschen zu uns kommen, die mit dem Konsum einer Substanz ein Problem entwickelt haben oder jemanden kennen, der in dieser Situation steckt. [...] Wir werden die Anfragen der Ratsuchenden weiterhin beobachten und – falls nötig – entsprechende Angebote entwickeln.“

An wen können sich Menschen in Osterode wenden, wenn sie Probleme bei sich oder anderen mit Bezug auf Cannabiskonsum erkennen?

Die Fachstelle für Sucht und Suchtprävention in Osterode am Harz steht als Ansprechpartner für Fragen, Sorgen oder Probleme in Bezug auf Cannabiskonsum zur Verfügung. Dies ist im persönlichen Kontakt möglich, kann aber auch per E-Mail oder telefonisch, sogar anonym, in Anspruch genommen werden. Wichtig ist es in jedem Fall, sich bei seinen Sorgen und Ängsten Hilfe zu holen – und sei es zum Beispiel über Hausärzte oder Schulsozialarbeitende, die einen gegebenenfalls weitervermitteln. Auch Internetplattformen, wie Drugcom und DigiSucht, stehen zur Verfügung und bieten eine digitale Online-Beratung.

Webseite:www.suchtberatung-osterode.de

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